Für Köpfchen und Beine

MINIMALER TECHNO Das schwedische Duo „Minilogue“ arrangiert auf seinem Debüt „Animals“ raffiniert minimalistische Klänge ohne die Tanzfläche zu vergessen

Langweilig wird „Animals“ nie – für kein Körperteil

VON ROBERT MATTHIES

Das lang erwartete Debüt „Animals“ des schwedischen Duos „Minilogue“, veröffentlicht nach achtjährigem Bestehen, war eines der interessantesten Techno-Alben des letzten Jahres. Anders als so viele Produzenten, ziehen sich Marcus Henriksson und Sebastian Mullaert nicht in einer Stilecke zurück. Ambitioniert und mit viel Lust an der Vielfalt zeichnen sie das große Bild und spannen über 26 Tracks einen weiten Bogen von cluborientierten Minimal- und Techhouse-Stücken bis zu ruhigen Ambient-Nummern. Mit raffiniert arrangierten minimalistischen Klängen vereinen die Schweden die Eleganz und Einfachheit des Technos der frühen 90er mit der Ökonomie und Leichtigkeit des Minimal und der Süße und dem Charm gegenwärtiger Entwicklungen. Und sie vereinen Köpfchen und Beine. Langweilig wird „Animals“ nie – für kein Körperteil.

Die damit verdienten Lorbeeren haben sich Henriksson und Mullaert aber auch schwer verdient. Drei Jahre haben sie sich Zeit gelassen, bis sie mit jedem Aspekt des Albums zufrieden waren. Zeitlos sollte alles sein, also hörten sie immer wieder auf, an einem Track zu arbeiten – um ihn später mit umso frischeren Ohren hören zu können. Zum Erfolg beigetragen hat auch der unterschiedliche musikalische Hintergrund beider. Der eine, Mullaert, hat seinen Weg zur Musik ganz klassisch gefunden. Orgel, Klavier und Violine hat er gelernt und unterrichtet und für sich als Teenager schon eine Zukunft im Konservatorium gesehen. Was sich schnell änderte, als er mit 17 in begann, in einer Popband zu spielen und sich für Techno und House zu interessieren. Der Weg des anderen war im Grunde auch klassisch – im Sinne von Techno. Begeistert von „Kraftwerk“ und „Human League“ machte Henriksson in Südschweden schnell Karriere als DJ. Auf einer seiner Partys trafen sich beide. Und damit musikalische Visionen und Erfahrung in der Musikszene.

Das war 1996 und Mullaert und Henriksson begannen eng zusammenzuarbeiten. Mit ihren Projekten „Son Kite“ und „Trimatic“ hatten sie großen Erfolg in der Trance-Szene, mit „Minilogue“ – der Name ist Programm, zusammengesetzt aus „minimal“ und „Dialog“ – begannen sie zugleich minimalistischere und technoidere Wege zu gehen. Nach einigen EPs auf kleinen schwedischen Labels veröffentlichte 2005 der Kölner Imprint „Traum Schallplatten“ die EP „Certain Things“. Von nun an stand „Minilogue“, das „animalistische Musikkonzept ohne Grenzen“, im Vordergrund.

Das ist übrigens ausdrücklich auch ein visuelles Projekt. Im Vordergrund stehen dabei eigentümliche Tiere, mystische, imaginäre Figuren, nicht unähnlich der Musik zusammengesetzt aus den verschiedensten Spezies. Die zieren nicht nur das Cover von „Animals“, sondern treiben seit kurzem auch auf einer gleichnamigen DVD ihr Unwesen. Die versammelt Animations-Clips zu „Minilogue“-Tracks von verschiedenen Regisseuren, von denen jeder Einzelne in engem Bezug zu Musik und Titel ein kleines, in sich geschlossenes Mikrouniversum entwirft. Wobei der eine oder andere in seiner subtilen Psychedelik durchaus an den großen Chris Cunningham erinnert.

■ Fr, 12. 6., 24 Uhr, Baalsaal, Reeperbahn 25