„Das gab’s noch nie“

Dem unbefristeten Streik bei der Ameos Dr. Heines-Klinik wird Signalwirkung für die überall anstehenden Tarifverhandlungen zugesprochen. Im Streit um einen Tarifvertrag für die Beschäftigten der privaten Kette will deshalb keine Seite wanken

bremen taz ■ „Das gab es noch nie. Streik in der Klinik“, sagt die Geschäftsführerin der Oberneulander Ameos Dr. Heines Klinik, Maria Mensen. Sie ist zugleich entschlossen, den Arbeitsausstand, der Montag begann, nicht so schnell zu beenden. „Mit Verdi einen Tarifvertrag abschließen, das kann ich nicht.“ Mensens Höchstgebot: Eine hausinterne Betriebsvereinbarung, die aber für die Zukunft deutlich weniger Schutz bietet. Dazu wiederum sagt die Gewerkschaft nein. Sie will für die rund 240 Beschäftigten einen Tarifvertrag in Anlehnung an den Öffentlichen Dienst durchsetzen, nachdem die Klinikleitung den Haustarifvertrag schon vor über einem Jahr gekündigt hatte. Die Einkommenseinbußen, die neu eingestellte Beschäftigte mit Einzelverträgen seitdem hinnehmen müssen, seien untragbar. Zugleich sieht vieles auch nach einer Kraftprobe der Gewerkschaft mit dem privaten Klinikbetreiber Ameos Holding AG, Deutschland mit Schweizer Zentrale aus.

Ameos gilt als geräuschloser Aufkäufer im zunehmend privatisierten Gesundheitswesen. Rund 20 Einrichtungen mit 3.000 Betten und 4.500 Beschäftigten gehören inzwischen zur Gruppe. Dabei ist Ameos bislang nur der letzte Käufer der Klinik Dr. Heines. Ameos übernahm dabei zugleich einen Großteil der Schulden des Vorbesitzers Medica Fachkrankenhäuser. Ein Brocken, an dem Dr. Heines bis heute schluckt – den die Beschäftigten aber so nicht auf ihre Kappe nehmen wollen. „Auch innerhalb der Medica war die Dr. Heines Klinik mit hoher Rendite stets das Zugpferd“, schrieb Verdi an den Vorstand der Ameos Holding AG. Nun die MitarbeiterInnen mit Lohnkürzungen bluten zu lassen, trage nicht zu den „hoch motivierten Mitarbeitern“ bei, deren sich Ameos auf seiner Website rühme.

Wild entschlossen scheinen die Streikenden unterdessen, der Tariffreiheit ein Ende zu machen. Gestern jedenfalls zog die Gewerkschaft die Daumenschrauben an. Sie kündigte den Bereitschaftsdienst – und entzog der Klinik damit den Zugriff auf streikende Ärzte für den Nacht- und Wochenendeinsatz. „Jetzt scheint die Situation zu eskalieren“, sagt Uwe Schmidt. Der ärztliche Direktor habe gedroht, die Ärztekammer einzuschalten, um prüfen zu lassen, ob die am Streik beteiligten Ärzte Standesrecht verletzten. Am Streik beteiligen sich auch 17 von 30 an der Klinik tätigen ÄrztInnen. „Von denen haben viele schlechte Arbeitsverträge“, erklärt Schmidt.

Die Klinikleitung sieht sich unterdessen als Leuchtboje in der Flut anstehender Tarifverhandlungen. Sie empfängt Signale von Arbeitgebern, dass es verhängnisvoll sein könnte, ausgerechnet jetzt auf die Forderungen der Gewerkschaft einzugehen. „Aber das könnte ich auch gar nicht“, sagt Mensen. ede