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Archiv-Artikel

Gutes tun – Holz spenden!

Erst Tsunami, dann Kahlschlag: Der Holzbedarf für den Wiederaufbau in Indonesien ist riesig. Das stärkt die Holzmafia und schwächt den Regenwald, fürchten Umweltschützer

BERLIN taz ■ Als Indonesiens Sozialminister Alwi Shihab vergangene Woche das zerstörte Küstendorf Lambaro in Aceh besuchte, sah vieles nach Neuanfang aus. In der Nähe des Marktes wuselten Bauarbeiter. Provisorische Behausungen für Flüchtlinge sollen entstehen, die Hilfsgelder dafür sind freigegeben. Doch die Bauleiter beklagen sich. Willige Arbeiter hätten sie genug, dennoch gehe es nicht vorwärts. Es fehlt an Holz.

Alwi Shihab habe prompt reagiert, berichtet die Zeitung Media Indonesia, und gefordert, Holzlieferungen nach Aceh zu erleichtern. Der Minister: „Das muss schnell geschehen, die Menschen beobachten uns schließlich genau.“

Genau zu beobachten, woher das Bauholz für Aceh kommt – das fordern nun Umweltschützer. Der Bedarf für die vom Tsunami am schlimmsten betroffene Region ist enorm: Bis zu 8 Millionen Kubikmeter Holz würden in den nächsten fünf Jahren für den Bau von Häusern, Schulen und Fischerbooten benötigt, so ein Bericht von Greenomics und dem WWF.

Zwar gibt es Holz, das sofort verfügbar ist, wie 50.000 Kubikmeter von der Polizei konfiszierte Stämme nicht legaler Herkunft. Diese gab das Umweltministerium nach einem Bericht der Zeitung Kompas bereits Anfang Januar frei. Doch damit kann man laut Studie gerade einmal 1.000 Baracken bauen – angesichts von über einer halben Million Flüchtlingen nicht mehr als ein Tropfen auf dem heißen Stein. „Wir müssen verhindern, dass auf den Tsunami der Kahlschlag folgt“, warnt deshalb Nina Griesshammer, Waldreferentin beim WWF Deutschland.

Schließlich ist Indonesien berühmt für den Raubbau an seinen Regenwäldern. Zwar hat die Regierung den offiziell genehmigten Holzeinschlag in den letzten Jahren gemindert: 21 Millionen Kubikmeter waren es 2001, im vergangenen Jahr nur noch 5,74 Millionen Kubikmeter. Doch der illegale Einschlag beträgt ein Vielfaches.

Schätzungen des Center for International Forestry Research besagen, dass im Jahr 2001 etwa 50 Millionen Kubikmeter Holz illegal abgeholzt wurden. Durch Korruption und Vetternwirtschaft begünstigt, blüht der Raubbau selbst in ausgewiesenen Naturschutzgebieten. Ohne Holzspenden aus dem Ausland, so der WWF, könnten die Folgen für die indonesischen Wälder verheerend sein. Daher fordern die Umweltschützer von Geberländern, einen Teil ihrer Hilfen als Holzspenden zu erbringen.

„Das kommt mir wie ein zynischer Vorschlag vor“, sagt hingegen Marianne Klute von der NGO Watch Indonesia. Die Umweltexpertin bekommt zwar auch „Bauchschmerzen“ beim Gedanken an den Druck, der nun erneut auf die indonesischen Wälder ausgeübt wird. Doch sie warnt vor einem „rein ökologischen Blick“. Einfach Holz aus dem Ausland herbeizuschaffen beseitige die strukturellen Probleme nicht, die in Indonesien zum illegalen Abbau und der Ausfuhr in die ganze Welt führten. „Am Ende bekommt Indonesien vielleicht nur sein zuvor ins Ausland geschmuggeltes Holz zurück.“ Aber freilich sei es darauf zu achten, wer in Aceh beim Wiederaufbau zum Zuge käme.

Dort blüht der illegale Holzeinschlag als wichtige Finanzquelle für Militärs und korrupte Beamte. Die könnten jetzt von der Not profitieren. Beim Bau von 24 Flüchtlingslagern aus Holzbaracken will die Regierung auf eine Ausschreibung verzichten und direkt lokale Bauunternehmer benennen.

Marianne Klute, die mit vielen Opfern und Helfern in Aceh in ständigem Kontakt steht, warnt davor, dass die Lager eher dem Kontrollbedürfnis der Militärs in der Bürgerkriegsprovinz als den Opfern dienten. Die seien besser in dezentralen Unterkünften in der Nähe von vertrauten Personen und ihrer alten Umgebung aufgehoben. Fünf der riesigen Barackenlager würden übrigens, so berichtet die Zeitung Jakarta Post, von deutscher Seite finanziert. ANETT KELLER