Bankchefs müssen Taschen leeren

Erste Verurteilung nach Bankenskandal: Zwei Exmanager sollen fünfstellige Geldstrafe zahlen. Staatsanwalt wollte Haftstrafe auf Bewährung. Geringes Interesse der Öffentlichkeit im Gerichtssaal

VON STEFAN ALBERTI

Rosensträuße für die Verurteilten trugen die beiden Aktivisten gestern vor dem Gerichtssaal bei sich. „Danke. Für die Plünderung Berlins. Die Berlinerinnen und Berliner“ hatten sie zudem auf Zettel geschrieben. Ironisch sollte das sein. „Die“ Berliner aber, deren Stimme sie sein wollten, hielten sich sehr zurück, als gestern erstmals zwei frühere Manager in Folge des Bankenskandals verurteilt wurden: Kaum 20 Menschen verloren sich auf den gut doppelt so vielen Zuschauerplätzen des Saals 500, als das Landgericht gestern Geldstrafen von 90.000 und 59.400 Euro verhängte.

Nicht wegen schlechten Wirtschaftens oder Untreue standen Ulf-Wilhelm D. und Jochem Z., Exvorstandsmitglieder der Landesbank Berlin (LBB), in den vergangenen Monaten vor Gericht. Die hier verhandelten Taten hatten für die Strafkammer nichts mit den Verlusten der Bankgesellschaft zu tun, für die das Land Berlin einspringen musste. Vielmehr ging es um Bilanzfälschung von 1997 bis 1999.

Die beiden Manager hätten dem Gericht zufolge unbedingt in die Jahresabschlüsse reinschreiben müssen, welche Risiken sich hinter Freistellungserklärungen verbargen. Sie besagten im Kern, dass Verluste an der LBB kleben bleiben würden. Auf fast acht Milliarden Euro summierten sich diese Risiken, die aber nicht zum Tragen kamen.

Das gestrige Urteil kam für Verteidigung wie für Bankeninitiative offensichtlich nicht überraschend. Beide hatten einen Stapel vorbereiteter Presseerklärungen in der Tasche, die das Urteil kritisierten. Die Verteidigung nennt es „rechtlich nicht haltbar“ und will in einer Revision den Freispruch, den sie schon im Plädoyer forderte. Die Bürgerinitiative hingegen sieht die Exmanager zu leicht und ohne die von der Staatsanwaltschaft geforderten Haftstrafe auf Bewährung davonkommen.

Bankenkritiker und Politologe Peter Grottian – mediengerecht mit Namenschild an der Brust ausgerüstet – behauptete nach dem Urteil noch im Gerichtssaal, die beiden Exmanager müssten die Strafe nicht selbst bezahlen: Das trage alles die Haftpflichtversicherung der Bankgesellschaft. Verteidigerin Anke Müller-Jacobsen widersprach: Gar nichts würden Bank oder Versicherung zahlen. Bankgesellschaftssprecherin Constanze Stempel sagte der taz: „Im Falle einer Pflichtverletzung beziehungsweise vorsätzlichen Straftat greifen diese Haftpflichtversicherungen für Manager grundsätzlich nicht.“

Die Staatsanwaltschaft verbuchte die Verurteilung nach über 30 Prozesstagen angesichts des strafrechtlich schwer zu fassenden Komplexes auch ohne Haftstrafe als Erfolg. „In der Sache ist das Gericht uns in allen Punkten gefolgt“, sagte ihr oberster Wirtschaftsermittler Bernhard Brocher der taz.

Abgeordnete der rot-roten Koalition bewerteten das Urteil unterschiedlich. SPD-Mann Bernd Schimmler sah einen „ersten Schritt auch zur juristischen Aufklärung des Bankenskandals“. Er habe die Verurteilung „mit Genugtuung“ zur Kenntnis genommen. PDS-Banken-Experte Michail Nelken sah das anders: Die Staatsanwälte hätten einen Weg gesucht, unverantwortliches Handeln strafrechtlich zu ahnden. Damit hätten sie juristisches Neuland beschritten – „das Gericht ist ihnen darin nur sehr zögerlich gefolgt“.

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