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Archiv-Artikel

Nächste Steuersenkung kommt bestimmt

Die Steuern für Unternehmen müssten „umgebaut“ werden, räumt SPD-Wirtschaftsminister Clement ein. Union und Firmenlobby fordern weitere Entlastung, Rot-Grün will Einnahmen konstant halten. Firmengewinne steigen kräftig

VON HANNES KOCH

Während viele Firmen Rekordgewinne verbuchen, ist eine neue Debatte über die Senkung der Unternehmensteuern in Gang gekommen. Vorläufiger Höhepunkt ist die Äußerung von Wirtschaftsminister Wolfgang Clement: „Wir sind nominell in der Unternehmensbesteuerung zu hoch geraten. Wir müssen umbauen.“ Und die Grünen-Finanzexpertin Christine Scheel sagte gestern: „Es herrscht Handlungsdruck.“

Woher kommt dieser Druck? Von der Zahl der fünf Millionen Arbeitslosen, die die Januar-Statistik ausweist – es ist der höchste Wert seit Jahrzehnten. Als zuständiger Minister muss Clement sich rechtfertigen und will es sich nicht leisten, Forderungen der Union nach einer weiteren Steuersenkung zu ignorieren.

Augenblicklich freilich hat noch keine Seite Interesse, mit einem Konzept in die Offensive zu gehen. Die SPD versucht, das Thema im Ungefähren zu halten, um der Union in den anstehenden Wahlkämpfen keine Angriffsfläche zu bieten. Die Grünen sind weniger zögerlich. „Wir denken über ein Konzept nach“, so Scheel. Kurzfristig will Rot-Grün sich damit behelfen, eine Bestandsaufnahme zu machen: Ist die Behauptung des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI) und der Union zutreffend, die Steuerbelastung sei zu hoch? Die aktuellen Nachrichten aus der Wirtschaftswelt deuten nicht darauf hin. 2004 sind die Gewinne der Firmen in Deutschland um durchschnittlich 69 Prozent gestiegen. Nach Angaben der EU liegt ihre tatsächliche Steuerbelastung bei rund 20 Prozent – ein im Vergleich zu den meisten anderen EU-Ländern niedriger Wert. Scheel betont denn auch: „Die Belastung ist auf keinen Fall zu hoch.“

Nach Einschätzung des BDI sieht das freilich anders aus. Der Lobbyverband beziffert die tatsächliche Belastung der Firmen auf durchschnittlich 36 Prozent. Und verweist dabei auf die nominellen Steuersätze: Körperschaftsteuer (25 Prozent) und Gewerbesteuer (rund 14 Prozent) summieren sich auf rund 39 Prozent. Mit dieser Größe liegt Deutschland im internationalen Vergleich nahezu an der Spitze. Die Wahrheit dürfte irgendwo in der Mitte zwischen den beiden Positionen liegen.

Dass der nominelle Steuersatz für Unternehmen sinken soll, ist trotzdem zwischen Union, SPD und Grünen kaum noch umstritten. Anderes schon: SPD und Grüne wollen Steuerschlupflöcher stopfen und die Einnahmen aus der Gewerbesteuer erhöhen. Und die gesamte Steuerbelastung für Unternehmen soll nicht sinken, nur anders verteilt werden. „Aufkommensneutral“ heißt das entscheidende Stichwort bei Rot-Grün.

Ganz anders die Union: Sie will den Steuersatz (Körperschaftsteuer plus Gewerbesteuer) auf „deutlich unter 35 Prozent“ senken, ohne aber der Wirtschaft im Gegenzug Abschreibungsmöglichkeiten zu verstopfen. Würde sich diese Position durchsetzen, könnte die Wirtschaft mit weiteren Entlastungen rechnen.

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