: Kölner können tief durchatmen
Die neuen EU-Grenzwerte zur Luftreinhaltung werden in Köln nirgendwo überschritten, sagt die Verwaltung. Sogar die Grünen sehen in Punkto Luftverschmutzung „keinen Grund zur Besorgnis“
VON THOMAS SPOLERT
„Die Luft in Köln ist gut“ lautet der einhellige Tenor von Politik und Stadtverwaltung. Die neue EU-Richtlinie zur Luftreinhaltung, die seit Anfang des Jahres in Kraft ist, bereitet den Kölnern kein großes Kopfzerbrechen. „Bisher gibt es keine Überschreitungen in Köln“, gibt sich Rainer Liebmann vom Umweltschutzamt gelassen. Köln sei im Gegensatz zu Duisburg kein Belastungsgebiet. Zustände wie in Rom, wo es wegen der neuen Grenzwerte für Feinstaub in diesem Jahr bereits zu Fahrverboten kam, befürchtet man im hiesigen Rathaus nicht. Auch die Kölner Grünen winken ab. „Die Messwerte in Köln sind kein Grund zur Besorgnis“, sagt die umweltpolitische Sprecherin der Grünen im Kölner Rat, Sabine Müller.
Das nordrhein-westfälische Landesumweltamt misst in der Stadt an zwei Punkten die Belastungen durch Feinstaub und Stickstoffdioxid. „Die Stationen in Chorweiler und Rodenkirchen sind typisch für den städtischen Hintergrund“, erklärt Babette Winter vom Landesumweltamt die Wahl der Standorte. Nach der verschärften EU-Richtlinie darf die Feinstaubbelastung an den Messpunkten maximal an 35 Tagen überschritten werden. Andernfalls muss die betroffene Kommune einen Luftreinhalteplan aufstellen.
Doch davon ist Köln weit entfernt. In Chorweiler wurde der zulässige Grenzwert für Feinstaub im Jahr 2003 an nur 24 Tagen überschritten. In Rodenkirchen ist die Luft noch besser. Hier zählten die staatlichen Umweltüberwacher in 2003 nur 15 Tage, an denen mehr Feinstaub in der Luft lag, als erlaubt. „Die Belastung durch Staub und Stickstoffdioxid ist in Köln kein Problem“, fasst die Sprecherin des Landesumweltamtes die Daten zusammen.
Dennoch hat die neue EU-Richtlinie Folgen für die Stadt. „Wir sind verpflichtet, eine Verkehrsmessstelle einzurichten“, erklärt Liebmann. Die Station werde an der Ecke Innere Kanalstraße/Vogelsanger Straße aufgebaut. Die Auswahl des Standortes für die neue Messstation haben das zuständige Landesumweltamt und die Stadt nach vorherigen Computersimulationen gemeinsam getroffen. 250.000 Euro kostet die Messstation, die in diesem Sommer in Betrieb gehen soll.
Bis Mitte 2003 hatte Köln noch ein eigenes Messnetz, um Daten über die Luftschadstoffe zu erheben. Aber die städtischen Stationen fielen dem Rotstift zum Opfer. Jetzt wird nur noch sporadisch mit einer mobilen Messstation an wechselnden Orten gemessen. „Unsere Messungen am verkehrsreichen Wiener Platz, Bergisch Gladbacher Straße oder Nord-Süd-Fahrt haben keine Überschreitungen der Grenzwerte ergeben“, sagt Liebmann vom Kölner Umweltamt. Dennoch gebe es natürlich neuralgische Punkte in der Stadt. An der Konstantinstraße in Deutz herrscht wegen der Autobahn und dem Messeverkehr ziemlich oft dicke Luft. Ähnliche Probleme gibt es am Niehler Gürtel und am Oberländer Ufer. Aber die städtischen Prognosen sind optimistisch. Allein wegen der zunehmenden Zahl schadstoffärmerer Fahrzeuge rechnen die Kölner Umweltexperten bis zum Jahr 2008 mit weniger Luftschadstoffen im Stadtgebiet.
In Düsseldorf dagegen hat eine Verkehrsstation in 2003 so hohe Luftverunreinigungen gemessen, dass für die südliche Innenstadt der Landeshauptstadt jetzt ein Luftreinhalteplan aufgestellt werden muss. An 108 Tagen wurde der zulässige Grenzwert für Feinstaub überschritten. Auch das Jahresmittel für Stickstoffdioxid war zu hoch. Für Köln rechnen die Experten jedoch nicht mit einer solchen Entwicklung. Zwar sei „der Verkehr und die Belastung durch Autoabgase in Köln und Düsseldorf vergleichbar“, wie Babette Winter vom Landesumweltamt bestätigt. Dennoch sei die Luft in Köln durch städtebauliche und meteorologische Unterschiede grundsätzlich besser.
Bei allem Optimismus: Langfristig sehen die Kölner Grünen sehr wohl Handlungsbedarf. „Der Fahrradverkehr und der Nahverkehr müssen künftig besser gestaltet werden“, sagt Sabine Müller. Fahrzeuge sollten zudem auf Erdgas umgerüstet werden. Parteiintern wird auch eine City-Maut wie in London diskutiert.
Auch bei der CDU gibt es Überlegungen in diese Richtung. Michael Paul, stellvertretender Vorsitzender des Umweltausschusses, schließt eine City-Maut für Köln nicht aus, wenn es die Lage erfordert. Es müssten alle Vor- und Nachteile abgewogen werden. Paul: „Wir müssen uns alle Maßnahmen für eine saubere Luft ideologiefrei anschauen.“