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Archiv-Artikel

Trocken beim Shoppen

Start bei AEZ-Erweiterung, Richtfest am Altonaer Bahnhof: Hamburg bekommt neue Einkaufszentren, obwohl der Umsatz der Händler schrumpft

Man fährt mit dem Auto rein und wieder weg und hat sonst nichts gesehen

von Gernot Knödler

Der viel beklagten Kaufzurückhaltung zum Trotz pumpen Investoren in Hamburg kräftig Geld in Einkaufszentren. Gestern sind die ersten von 125 Millionen Euro bei der Erweiterung des Alstertal-Einkaufszentrums (AEZ) in Poppenbüttel verbuddelt worden, und beim 50 Millionen Euro schweren Umbau des Bahnhofs Altona wurde Richtfest gefeiert. In Harburg wurde im Herbst das Phoenix-Center eröffnet, in der City bauen Allianz und Nordbank an der Europa-Passage und in Bergedorf sind Einkaufszentren an beiden Enden der Fußgängerzone im Gespräch.

Kritik gibt es vor allem an der 25-prozentigen Erweiterung des AEZ, das mit 59.000 Quadratmetern Verkaufsfläche das größte Einkaufszentrum der Stadt sein wird. In Poppenbüttel will die Otto-Tochter ECE auf einem ehemaligen Parkplatz neue Ladenstraßen mit 80 Geschäften bauen. Die Zahl der Parkplätze soll um 900 auf 3.000 aufgestockt werden, 700 Menschen sollen zusätzlich Arbeit finden. Insgesamt werden es nach Angaben von ECE rund 2.300 sein.

Einige Hundert davon werden im Gegenzug verloren gehen, prognostiziert die GAL-Wandsbek. „Dies ist der Anfang vom Ende für viele Einzelhandelsgeschäfte in Sasel, Poppenbüttel, Wellingsbüttel und Volksdorf“, orakelt ihr Fraktionschef Olaf Duge. Hinzu komme die absehbare Verkehrs- und Lärmbelästigung durch zusätzlichen Autoverkehr. „Die kleinen Stadtteilzentren werden es noch schwerer haben“, bestätigt Ulf Kalkmann vom Hamburger Einzelhandelsverband. Deshalb betrachte er das Vorhaben „sehr, sehr kritisch“.

Positiv bewertet Kalkmann den Umbauplan in Altona. Die Deutsche Grundvermögen AG (DGAG) modernisiert den 70er-Jahre-Bahnhof außen wie innen. Die leer stehenden Flächen des ehemaligen Kaufhauses werden an Media-Markt und Lidl sowie die alten Nutzer des Bahnhofs vermietet. Zwischen Bahnhof und Bismarckbad ist bereits ein neues Parkhaus mit 490 Plätzen zu sehen. Die Zufahrt führt quer über die Bahnsteige hinweg.

Der Umbau, hoffen Planer und Politiker, wird die Vitalität der Ottenser Hauptstraße auf die siechende Große Bergstraße mit dem weitgehend leer stehenden, wuchtigen Beton-Einkaufszentrum übertragen. Die 100.000 Menschen, die täglich den Bahnhof passieren, sollen dafür die Basis bilden. „Ich glaube, die Revitalisierung hat begonnen“, sagt Kalkmann.

Während Altona als Stadtteil profitieren könne, drohe anderswo der mittelständische Facheinzelhandel durch die geschlossenen Einkaufszentren kannibalisiert zu werden, warnt der Geschäftsführer des Einzelhandelsverbandes. Denn während die Verkaufsfläche wuchs, ging der Umsatz in den vergangenen drei Jahren bei Zunahme des Internethandels zurück. Vom Phoenix-Center in Harburg hätten die übrigen Geschäfte mitnichten profitiert. Im Gegenteil: „Man fährt mit dem Auto rein und wieder weg und hat sonst nichts gesehen“, sagt Kalkmann. Mit Blick auf Bergedorf ergänzt er: „Aus diesem Negativbeispiel sollten wir lernen.“