: Anspruch und Wirklichkeit
betr.: „Grüne steigen aufs Auto um“, taz vom 3. 2. 05
Dass Anspruch und Wirklichkeit des Mobilitätsverhaltens der Grünen weit auseinander klaffen, hat MdB Albert Schmidt bereits vor einem Dreivierteljahr in einem Positionspapier eingeräumt. Relativ neu ist, dass die Grünen nun auch so ehrlich sind, sich offen zur Kumpanei mit der Autoindustrie zu bekennen. Auch der angeblich so kritische MdB Winfried Hermann hat nun seine Unterschrift unter ein „Green Car Paper“ gesetzt, in dem davor gewarnt wird, die „Herstellung und Nutzung von Automobilen“ könne „bald an natürliche Grenzen stoßen“. Es gehe daher „um die Zukunft des Automobilstandorts Deutschland“ und deshalb sei die „Strategie“ der Grünen „ohne Alternative“. Auf Grundlage des „Green Car Paper“ könne man nun „Zukunftsmärkte gewinnen“. Sogar der „Trend zu immer größeren und schwereren Autos“ sei für die Grünen kein „Zielkonflikt“, sondern dank des „Ingenieursverstands“ und dem „Kapital“ der deutschen Autoindustrie „lösbar“. Besser hätte das der Autokanzler auch nicht sagen können.
MARKUS SCHMIDT, Frankfurt am Main
Seit mindestens 20 Jahren wird über das „grüne Auto“ diskutiert und geschrieben – herausgekommen sind dabei hauptsächlich potemkinsche Dörfer wie zum Beispiel das Elektroauto. Gewiss: Antriebstechnik und Produktion lassen sich beim Auto noch ökologisch verbessern. Doch was nutzt das, wenn die Erfolge solcher Maßnahmen durch die weltweit wachsende Zahl von Autos alsbald wieder zunichte gemacht werden?
Das „grüne Auto“ scheint mir in vielerlei Hinsicht nur zu einer Problemverlagerung zu führen – und auch zu einer Verlagerung des Empfindens für Verantwortung. Dazu gehört beispielsweise der Vorschlag der Grünen, Kraftstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen zu gewinnen. Hört sich ja zunächst interessant an – nur würde uns eine solche Verkehrspolitik nicht vor allem weitere Monokulturen in der Landwirtschaft bescheren und eine ohnehin mächtige Agrarlobby stärken? Die Umweltgifte jedenfalls blieben der Menschheit erhalten: Was vorher als Abgas aus dem Auspuff kam, sickert dann eben als Pestizid o. Ä. in die Böden. Hauptsache, das Auto selbst ist „sauber“. Sollte sich die Idee eines „grünen Autos“ als (Rest-)Vision der Grünen durchsetzen: Wäre es dann nicht konsequent, die Partei gleich aufzulösen und als Öko-AG in die FDP aufzunehmen?
HANSJÖRG BEYER, Berlin
Im Artikel wurde geschrieben, dass sich die Grünen „endgültig von der Verkehrswende verabschiedet haben“. Das ist nicht richtig. Im „Green Car Paper“ werden u. a. auch der Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs und die Förderung des Fahrradverkehrs gefordert. Der Artikel in der taz erinnert an Diskussionen im stationären Bereich, in denen z. B. die Wärmedämmung gegen den Einsatz der Solarenergie ausgespielt wurde. Sinnvoll ist aber, beides zu machen: Wärmedämmung und Solarenergie. Genauso ist es im Bereich Verkehr sinnvoll, sowohl die öffentlichen Verkehrsmittel auszubauen, den Fahrradverkehr zu fördern als auch sparsamere Pkw zu bauen und erneuerbare Kraftstoffe einzusetzen. WERNER WEINDORF, Poing