: US-Präsident setzt den Rotstift an
George W. Bush legt Haushaltsplan vor. Mit massiven Kürzungen bei staatlichen Bildungs- und Gesundheitsprogrammen soll das Haushaltsdefizit halbiert werden. Experten kritisieren den Entwurf als unrealistisch, Medien sprechen von einer Farce
AUS WASHINGTON MICHAEL STRECK
US-Präsident Bush legte am Montag seinen Haushaltsplan für das kommende Fiskaljahr im Umfang von 2,5 Billionen Dollar vor. Mit drastischen Kürzungen in den Bereichen Landwirtschaft, Gesundheit, Umwelt und Bildung will er das gigantische Haushaltsdefizit bis Ende des Jahrzehnts halbieren.
Bush will querbeet kräftig sparen. Rund 150 staatliche Programme sollen hierzu völlig gestrichen werden. Ausgenommen von der Radikalkur sind die Ausgaben für nationale Sicherheit und Verteidigung. Auch die internationale Entwicklungshilfe soll um 17 Prozent steigen. Das Verteidigungsministerium und die für die Terrorabwehr im Inland zuständige Heimatschutzbehörde gehören zu den großen Gewinnern, auch wenn das Ausgabenwachstum ebenfalls etwas zurückgeht. Die Militärausgaben steigen um knapp 5 Prozent auf 18,2 Milliarden Dollar. Abstriche gibt es für einzelne Projekte wie beim Raketenabwehrschild. Für Heimatschutz will Bush mit 34,2 Milliarden Dollar rund 7 Prozent mehr ausgeben als im laufenden Jahr.
Die Haushaltspläne sehen einen schrittweisen Abbau des Defizits bis 2010 vor. Der Fehlbetrag soll demnach vom zu erwarteten Rekordminus von 427 Milliarden Dollar im laufenden Fiskaljahr auf 390 Milliarden Dollar 2006 sinken und im Budgetjahr 2010 nur noch 207 Milliarden Dollar betragen. Damit würde das Defizit auf 1,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts von erwarteten 3,5 Prozent im laufenden Haushaltsjahr gesenkt. Doch Bushs ernsthafter Wille, den Schuldenberg abzutragen, darf mit Misstrauen beäugt werden. Letztes Jahr beteuerte er, ihn bis 2009 halbieren zu wollen. Das Defizit sollte zudem dieses Jahr nur noch 364 Milliarden Dollar betragen, stattdessen kletterte es auf einen neuen Höchststand.
Finanzexperten kritisieren den Budgetentwurf als äußerst unrealistisch und sagen ein anhaltendes 400-Milliarden-Defizit für den Rest des Jahrzehnts voraus. Der Grund: Bushs Rechnung ist eine Mogelpackung. Sie berücksichtigt weder die Milliardenausgaben für Irak und Afghanistan – rund fünf Milliarden Dollar pro Monat – noch die Kosten für die geplante Reform des staatlichen Rentensystems.
„Eine atemberaubende Farce“, nannte die Washington Post den Entwurf. „Eine Irreführung des amerikanischen Volkes“, schimpfte Nancy Pelosi, Fraktionschefin im Abgeordnetenhaus. Ähnlich äußerten sich andere Oppositionspolitiker. Ein heftiger Schlagabtausch im Kongress steht somit zu erwarten.
Es gilt als unwahrscheinlich, dass der Haushaltsplan in der aktuellen Form verabschiedet wird. Auch Bushs Parteifreunde reagieren nervös. Der von Fachleuten begrüßte Einschnitt bei Subventionen für die Landwirtschaft dürfte in ihrer Stammwählerschaft im Agrargürtel des Mittleren Westens für Unmut sorgen.
Insgesamt entspricht Bushs Haushaltsplan guter konservativer Schule. Steuern werden gesenkt, staatliche Projekte gestutzt oder abgeschafft. Dass es meist holzschnittartig zugeht, tut wenig zur Sache, wie das Eisenbahnunternehmen Amtrak zeigt. Es leuchtet wenig ein, warum der Bahn die Zuschüsse aus der Staatskasse gestrichen werden, während der Steuerzahler zur Rettung von Fluggesellschaften Milliarden berappen soll.
Mit dem Entwurf will Bush eines seiner wichtigsten innenpolitischen Ziele zementieren: die massive Steuersenkung vor allem für Wohlhabende. Kritiker erkennen hierin ein zynisches Politikverständnis. Die von Bush beschworenen Opfer für Krieg und Antiterrorkampf werden auf Arme und Mittelständler abgewälzt, Besserverdienende mit Steuergeschenken belohnt.