: Jude zwischen Nazi-Insignien
EIN JAHR MARITIMES MUSEUM Das wegen seiner Militaria umstrittene Haus Peter Tamms versucht sich in Ausstellungen zur Ökologie der Meere und einem jüdischen Reeder
Das Maritime Museum, gefüllt mit der Schiffs- und Militaria-Sammlung des Ex-Springer-Vorstandschefs Peter Tamm, residiert im 1878/79 gebauten Kaispeicher B. Das Haus bietet:
■ 12.000 Quadratmeter Ausstellungsfläche;
■ neun Ausstellungs-Decks;
■ 40.000 Exponate, darunter Hakenkreuz-Orden sowie den Großadmiralsstab von Karl Dönitz, Oberbefehlshaber der deutschen Kriegsmarine im Zweiten Weltkrieg und später Hauptangeklagter der Nürnberger Prozesse.
VON PETRA SCHELLEN
„Auch Sie sind das Meer. Wenn man aus Ihnen das Wasser rauslässt, bleibt nur eine Schicht Pergament übrig“, Mit unvergleichlichem Charme empfing Ausstellungsgestalter Holger von Neuhoff am Montag jene, die sich die Schauen zum einjährigen Jubiläum von Peter Tamms „Maritimem Museum“ vorab präsentieren lassen wollten.
Den sichtlich gealterten Gründer des Hauses scheinen die langen Auseinandersetzungen um sein Lebenswerk mitgenommen zu haben: Mit Abgeordneten-Gesprächen, einem Buchprojekt sowie einer Demonstration am Eröffnungstag hatte die Künstlerszene einst dagegen protestiert, dass Tamm für die Restaurierung des Hauses 30 Millionen Euro vom Staat bekam und seine Sammlung ungefiltert in das historische Speichergebäude überführen konnte. Besonders die Militaria-Abteilung sowie die mangelnde Wissenschaftlichkeit der Präsentation sind bis heute umstritten.
Aber die Besucherzahlen simmen: 150.000 Menschen hat das Museum im ersten Jahr gezogen, „so viele, wie wir wollten“, sagte Tamm. Und wäre da nicht die störende Baustelle namens Hafencity mit ständig geänderter Verkehrsführung – „es wären sicher mehr“, glaubt Tamm.
Ob 150.000 Besucher zur effektiven Bewirtschaftung des privaten Museums reichen, mochte Tamm indes nicht sagen. Aber Vorstandskollege Hermann Schäfer verplapperte sich: „Eine wichtige Stellschraube für die Finanzierung sind die Zinsen aus dem Stiftungskapital – und wohin die seit der Finanzkrise gegangen sind, sehen Sie ja.“ Aber man werde das schon schaffen, immerhin sei man zum „Ausgewählten Ort im Land der Ideen 2009“ gewählt worden – namentlich die Präsentation der Meeresforschung auf Deck sieben. Das soll am kommenden Sonntag gefeiert werden; sogar der Tauchroboter „ROV KIEL 6000“ wird dafür herangeschafft. Allerdings veranstalte man derlei nicht mit Blick auf die Besucherzahlen, sagte von Neuhoff. „Nein, wir wollen darüber nachdenken, welche Welt wir unseren Kindern vererben“, beteuerte er. „Die Klimakatastrophe ist nah!“
Politisch korrekt kommt auch die Idee daher, die Ausstellung „Im Wechsel der Gezeiten“ über den Hamburger jüdischen Reeder Arnold Bernstein, den die Nazis 1937 verhafteten und der denkbar knapp emigrierte, vom Berliner Jüdischen Museum zu übernehmen. Tamm-Vorstand Schäfer berief sich hier auf eine Absprache mit der Berliner Programmleitern Cilly Kugelmann. „Wir können die Ausstellung Ende dieses oder Anfang nächsten Jahres im Maritimen Museum zeigen“, sagte Schäfer. Kugelmann bestätigt das.
Der von Nazis verfolgte Reeder zwischen Seekrieg-Verherrlichung und distanzloser Präsentation von Nazi-Insignien in Tamms Museum – eine seltsame Vorstellung. Warum die Ausstellung nicht dem Hamburg Museum mit seiner frisch renovierten jüdischen Abteilung angeboten wurde, war aus Berlin nicht zu erfahren.
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