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Archiv-Artikel

Erleichterungen für Palästinenser

Einen Tag nach dem Gipfeltreffen in Scharm al-Scheich lockert Israel die Einreisebestimmungen für eine begrenzte Zahl von Arbeitern und Geschäftsleuten. Die Politik von Scharon stößt aber auch auf Proteste, und Hamas warnt vor verfrühter Euphorie

AUS JERUSALEM SUSANNE KNAUL

Einen Tag nach dem Gipfel in Scharm al-Scheich hat Israel die Einreisebeschränkungen für Palästinenser aus dem Gaza-Streifen gelockert. Rund 1.000 Arbeitnehmer sollen, so entschied Verteidigungsminister Schaul Mofaz, Einreisegenehmigungen nach Israel erhalten, ebenso wie 700 Geschäftsleute aus dem Gaza-Streifen und dem Westjordanland.

Der israelische Premierminister Ariel Scharon und Palästinenserpräsident Mahmud Abbas waren am Dienstag in dem ägyptischen Badeort über einen Waffenstillstand einig geworden, dem, so Abbas, alle palästinensischen Fraktionen zugestimmt hätten. Hassan Jussef, Hamas-Chef im Westjordanland, warnte hingegen vor verfrühter Euphorie. Ein „wahrer Waffenstillstand“ habe seinen Preis.

US-Außenministerin Condoleezza Rice betonte in ihrer in Paris vorgetragenen politischen Grundsatzrede, die USA seien entschlossen, die Palästinenser und Israel bei der Konfliktbewältigung zu unterstützen. „Dies ist seit Jahren die beste Chance für den Frieden“, so Rice.

Die Konfliktparteien einigten sich darauf, innerhalb von drei Wochen fünf Städte im Westjordanland unter palästinensische Kontrolle zu stellen. Israel sagte zudem die Räumung zentraler Straßenblockaden zu. In Ramallah demonstrierten parallel zum Gipfeltreffen einige hundert Anhänger des Islamischen Dschihad für die Entlassung der palästinensischen Häftlinge. Komitees beider Konfliktparteien wollen in diesen Tagen über Namen und Anzahl der freizulassenden Palästinenser entscheiden.

Die bevorstehende Entlassung von Aktivisten verschiedener Widerstandsbewegungen führte in Israel zu Protesten. „Rabin wartet auf Scharon“, stand an einer Hauswand in Tel Aviv und: „Wir haben Rabin erledigt, wir werden auch Scharon erledigen.“ Der ehemalige israelische Premierminister Jitzhak Rabin war im November 1995 von einem jüdischen Extremisten erschossen worden. Für viele Angehörige von Terroropfern ist die Vorstellung einer Entlassung von Mördern unfassbar. „Die Hände Scharons sind mit dem Blut aller kommenden Opfer beschmiert“, kommentierte der Vater eines ermordeten Israelis die geplante Amnestie.

Seite an Seite mit den Gegnern der Gefangenenentlassung demonstrierten die Gegner des Abzugs aus dem Gaza-Streifen. Sie mussten am Dienstag einen doppelten Schlag einstecken. Zeitgleich zum Gipfel entschied der parlamentarische Finanzausschuss in Jerusalem über das Wiedergutmachungsgesetz für jüdische Siedler. Damit ist der Weg für die parlamentarische Abstimmung und eine anschließende Räumung der Siedlungen im Gaza-Streifen geebnet. Das Gesetz wurde mit nur einer Stimme Mehrheit verabschiedet. Die Tatsache, dass ein arabischer Abgeordneter in dem Ausschuss sitzt, war für die „Rebellen“ im Likud, die den Abzug ablehnen, Grund für Aufruhr. „Hier entscheidet ein Araber über den Transfer von Juden“, rief einer der Abgeordneten erbost.