: Florence und die anderen
„Geht nicht in den Irak“, hat Chirac den französischen Journalisten gesagt. Und aus Rom hat sich ihm Fini [Italiens Außenminister Gianfranco Fini; die Red.] angeschlossen. Diverse Botschaften hatten, unter dem Druck der USA, vor dem Beginn der Bombardierungen am 20. März 2003 die in Bagdad präsenten Journalisten bedrängt, den Kriegsschauplatz zu verlassen. Das Drängen war jedoch erfolglos, über den Krieg wurde berichtet, gut oder schlecht, sei es von denen, die sich der Kontrolle des irakischen Informationsministeriums unterwerfen mussten, sei es von denen, die als „Eingebettete“ der Zensur des Pentagon unterlagen.
Die weitere Verschlechterung der Situation im Irak hat die journalistische Arbeit noch schwieriger werden lassen. Die Journalisten sind Geiseln aller perversen Umstände, die die militärische Besetzung und die Privatisierung des Krieges mit sich bringen. Die Feindseligkeit der Iraker gegenüber der Besatzung hat sich ausgedehnt und trifft heute alle Ausländer: Contractors, Journalisten, Mitarbeiter von Hilfsorganisationen. Es reicht nicht mehr, französisch zu sein – mit Blick auf die französische Haltung zum Krieg wie zur Besetzung –, um eine andere Behandlung zu erhalten. Und wenn eine militärische Intervention als „Friedensmission“ verkauft wird (wie es die italienische Regierung getan hat), kann man auch kaum verlangen, dass die Gegenseite sich mit subtilen Unterscheidungen aufhält.
Schlimmer noch: Dem italienischen Abgeordnetenhaus liegt ein schon vom Senat verabschiedeter Gesetzentwurf vor, der das Militärstrafrecht revidiert und die Anwendung des Kriegsrechts im „Friedenszustand“ auch für Zivilisten vorsieht – Journalisten eingeschlossen –, wenn sie sich der „unerlaubten Sammlung, Veröffentlichung und Verbreitung militärischer Nachrichten“ schuldig machen. […] Die Information wird also militarisiert: Bisweilen, wie im Falle Falludschas, ist es unmöglich, die Ereignisse zu verfolgen, ohne sich im Gefolge einer Armee zu bewegen, auch wenn manchmal dennoch schockierende Bilder nach außen dringen wie das von dem Soldaten, der in der Moschee von Falludscha einen unbewaffneten Verletzten erschießt.
Es ist riskant, gegen diese Zwänge zu rebellieren, doch dieses Risiko muss eingegangen werden, wenn man Informationen liefern will, wenn man eine Realität wiedergeben will, die sonst bloß den Weg in Kriegsbulletins und die Propaganda fände. In die Kriegspropaganda, versteht sich.
Florence Aubenas ist immer das Risiko eingegangen, informieren zu wollen: in Ruanda, im Kosovo, in Algerien, Afghanistan, dem Irak. Auch deshalb sind wir an ihrer Seite. Und Enzo Baldoni hat in dieser perversen Spirale mit seinem Leben gezahlt. Jetzt hat auch das italienische Heer Kurse für „Eingebettete“ eingerichtet. GIULIANA SGRENA
Giuliana Sgrena veröffentlichte diesen Artikel am 14. Januar in Il Manifesto, nachdem die französische Journalistin Florence Aubenas und ihr Dolmetscher im Irak verschwanden