: Resozialisierung gefährdet
Die Kürzungen von Stellen bei den Justizvollzugsbeamten trifft Gefangene und Beamte. Sozialarbeiter und Strafvollzugsbeamte befürchten die bloße Verwahrung von Straftätern
VON ELMAR KOK
Die Sozialarbeiter, die sich in Nordrhein-Westfalen mit der Situation der Inhaftierten beschäftigen, befürchten durch die vom Justizministerium bekannt gegebenen Stellenkürzungen Nachteile für die Gefangenen im Vollzug. Die Sozialarbeiter erwarten, dass sich der Krankenstand, der bei Justizvollzugsbeamten sowieso schon auf einem sehr hohen Stand sei, weiter erhöhen wird.
Barbara Trowe von der Gefangeneninitiative 90 e.V. aus Dortmund, sagt, „die Belastung der Vollzugsbeamten ist schon sehr hoch“, allerdings wolle sie nicht unbedingt Mitleid mit den Beamten haben, denn „sie haben sich den Job ja schließlich ausgesucht“. Allerdings könne davon ausgegangen werden, dass die Arbeitszeitverlängerung auf 41 Stunden pro Woche dazu führe, dass sich mehr Beamte häufiger krank melden als zuvor. Die geplanten Stellenstreichungen durch das Justizministerium werde zu einem Ausfall von Angeboten für die Gefangenen führen, sagt Trowe. Trowe ist in Dortmund als Sozialarbeiterin für die Haftbetreuung im geschlossenen Vollzug zuständig.
Das Justizministerium NRW hatte angekündigt, die durch die Mehrarbeit gewonnene Arbeitszeit in den Gefängnissen, für Stelleneinsparungen zu nutzen. NRW-weit sollen rund 240 Stellen in den 37 Justizvollzugsanstalten wegfallen. Dass die Kürzungen zu Lasten der Gefangenen gingen, glaubt Ralph Neubauer, Sprecher des Justizministeriums, nicht. „Wenn die Beamten jetzt zweieinhalb Stunden mehr in der Woche arbeiten, drehen die in der Zeit ja nicht Däumchen“, sagt er. Das behauptet auch Trowe nicht. Allerdings sei es innerhalb ihrer Sozialarbeit mit den Häftlingen schon jetzt so, dass sie die Personalknappheit zu spüren bekomme. „Wenn die Besuchsabteilung keine Leute hat, müssen die Häftlinge manchmal drei Stunden auf ein Gespräch mit mir warten“, sagt sie. Das liege daran, dass die Vollzugsbeamten wegen Personalmangels die Gefangenen teilweise zu sechst in die Warteräume bringe. „Darunter leiden die Häftlinge“, sagt Trowe. Statt zu arbeiten oder Freizeitangebote nutzen zu können, müssten die Gefangenen auf einen Gesprächstermin mir ihr warten. „Darunter leiden auch die Gespräche mit mir“, sagt Trowe.
Nach Angaben des Landesvorsitzenden des Bundes der Strafvollzugbediensteten, Klaus Jäkel, werde unter den Kürzungen auch die Resozialisierung der Häftlinge Schaden nehmen. Wenn man die Leute nur noch wegsperre, ohne ihnen soziale Angebote zu machen, fielen die Häftlinge nach der Entlassung ins Nichts, sagt Jäkel. „Dabei ist jede gelungene Wiedereingliederung in die Gesellschaft ein Zugewinn an die innere Sicherheit“, sagt Jäkel. Die Landesregierung dürfe nicht in Arbeitsstunden rechnen, der Strafvollzug verlange, dass genügend Dienstposten vorhanden seien. „Wir arbeiten nicht mit Gütern, sondern mit Menschen“, sagt Jäkel. Es brauche Menschen, die mit den Gefangenen zum Duschen, zum Einkaufen und in die Kirche gingen.
Nun habe Justizminister Wolfgang Gerhards (SPD) auch noch die Arbeitsgruppe „Sicherung des Behandlungsvollzuges“, bestehend aus Kriminologen, Psychologen, und Vollzugsbeamten aufgelöst, beschwert sich Jäkel. Das zeige, „die soziale Betreuung wird weiter gekürzt“, so Jäkel.