: Alte in der CDU: Arbeiten bis zum Umfallen
Union lässt rechtlich prüfen, ob Professoren oder Ärzte ab einem bestimmten Alter zur Berufsaufgabe gezwungen werden dürfen. Daran hängt die schwierige Debatte, ob Junge nur eine Chance haben, wo Ältere den Platz räumen
BERLIN taz ■ Wissenschaftler müssen mit 65 ihren Lehrstuhl aufgeben, Schöffen dürfen mit 70 nicht mehr richten, Ärzte ab 70 nicht mehr behandeln: Das „verstehe ich beim besten Willen nicht“, sagte gestern der CDU-Abgeordnete und Vorsitzende der Senioren Union Otto Wulff. Es sei nicht einzusehen, warum man ab einem „zufälligen kalendarischen Lebensdatum“ seine Tätigkeit aufgeben müsse. Die Senioren Union fordert ein Ende der Altersdiskriminierung durch „Zwangsverrentung“.
Im Auftrag der Senioren Union soll nun der Kölner Staatsrechtler Peter Tettinger herausfinden, ob die Altersgrenzen verfassungsrechtlich haltbar sind. Tettinger erklärte gestern, die „Höchstaltersgrenzen lassen kein System erkennen“ und seien also willkürlich. Der Faktor „Eignung“ werde offenbar unrechtmäßig vernachlässigt.
„Das Ganze ist nicht gegen Jüngere gedacht“, ergänzte Tettinger. Damit rührte er an den empfindlichen Punkt der Debatte über Altersdiskriminierung. In Deutschland ist die Vermutung verbreitet, dass junge Menschen nur eine Chance bekommen, wo Ältere den Platz räumen – vor allem am Arbeitsmarkt.
Die Wirtschaftswissenschaften bestätigen dies jedoch inzwischen nicht mehr: Nirgends sei die Jugendarbeitslosigkeit geringer, wo die Leute früh in Rente gehen. Länder wie Norwegen oder Schweden etwa beschäftigen fast 70 Prozent ihrer 55- bis 64-Jährigen und haben auch keine Jugendarbeitslosigkeit. In Deutschland liegt die Erwerbsbeteiligung der 55- bis 64-Jährigen bei 38 Prozent.
Und so lange die Unternehmen keine älteren Arbeitnehmer einstellen, werden das Ende der staatlich geförderten Frührente und Hartz IV in diesem Alterssegment nur die Armut, nicht aber die Jobchancen steigen lassen. Die Arbeitgeber jedoch bevorzugen Jüngere, weil sie diese schlechter bezahlen und ohne besonderen Kündigungsschutz beschäftigen können.
Ob also Ältere schlechter bezahlt werden sollten, sagte der Chef der Senioren Union gestern nicht. Jedoch unterstützt er im Gegensatz zum Rest seiner Partei das rot-grüne Antidiskriminierungsgesetz (ADG): „Wenn die Regierung begründete Gesetzesvorschläge gegen Altersdiskriminierung macht, sollte man das unterstützen“, sagte Wulff. Das ADG soll im Sommer verabschiedet werden. Es soll zwar Altersdiskriminierung abbauen – sieht jedoch gerade für den Arbeitsmarkt viele Ausnahmen vor. UWI