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Archiv-Artikel

„Segregation ist unvermeidbar“

Quartiere zu durchmischen ist kein geeignetes Mittel der Integration, meint das bundesweite Projekt „Zuwanderer in der Stadt“. Beusselkiez testet Empfehlungen

Am Anfang steht eine Provokation. „Wir müssen uns endlich davon verabschieden, dass eine gute Mischung von Zuwanderern und Einheimischen in den Wohnquartieren ein handhabbares Instrument zur Integration ist“, sagt Christoph Kulenkampff, Leiter des Projekts „Zuwanderer in der Stadt“. Denn ethnische Segregation sei weder zu vermeiden noch grundsätzlich schädlich für die Integration – und außerdem in den meisten deutschen Großstädten schlicht Realität. Der müssten sich die Städte, denen zudem keine geeigneten Instrumente gegen Segregation zur Verfügung ständen, endlich stellen. „Ziel muss sein: Integration trotz Segregation“, sagt Kulenkampff. Umdenken ist angesagt.

Das ist die Grundannahme, auf der zehn Empfehlungen zur stadträumlichen Integrationspolitik aufbauen, die das Projekt „Zuwanderer in der Stadt“ gestern vorstellte. Beteiligt daran sind die Schader-Stiftung aus Darmstadt, der Deutsche Städtetag, der Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen, das Deutsche Institut für Urbanistik (Difu) und die Ruhr-Universität Bochum. Finanziert wird das Projekt von der Bundesregierung. Die Empfehlungen sollen in den kommenden anderthalb Jahren in einem „Praxisnetzwerk“ vom Moabiter Beusselkiez und sieben anderen Großstadtquartieren erprobt werden. Aus ihren Erfahrungen soll ein Leitfaden für andere Städte entstehen.

Um es gleich zu sagen: Viele der Empfehlungen sind nicht neu, zudem sind sie sehr allgemein gehalten. Da wird zum Beispiel gefordert, der öffentlichen Stigmatisierung der betroffenen Viertel entgegenzuwirken, die Bedeutung der Migrantenökonomie zu stärken und den Erwerb der deutschen Sprache zu fördern. „Das meiste haben wir schon angepackt“, sagte gestern denn auch Mittes Bezirksbürgermeister Joachim Zeller (CDU). Schließlich arbeitet im Beusselkiez seit langem das Quartiersmanagement. Zeller hofft aber, dass durch den Austausch zwischen den Städten neue Anregungen nach Berlin kommen.

Genau das ist auch Aufgabe des Praxisnetzwerks. „Es gibt in den Städten bereits viele Aktivitäten“, sagte Difu-Leiter Heinrich Mäding. Im Erfahrungsaustausch zwischen ihnen sollen Details geklärt und bewertet werden. „Die Städte sollen voneinander lernen, Projekte verwerfen und andere ausbauen.“ Davon kann sicher auch Berlin profitieren. Denn in manchen Bereichen sind Städte wie Essen und Hannover viel weiter.

SABINE AM ORDE

www.zuwanderer-in-der-stadt.de