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Das Wichtigste zuerst: Die Einschaltquote war mäßig. Stefan Raabs groß aufgeblasener Bundesvision Song Contest in Oberhausen war mit elf Prozent Marktanteil dem Winterfest der Volksmusik (23 Prozent) in der Zuschauergunst chancenlos unterlegen. Diejenigen, die bei der von Pro Sieben gepushten Grand Prix-Konkurrenzveranstaltung doch eingeschaltet haben, konnten sich nicht einmal über einen Überraschungssieger freuen: Es gewann die Band Juli mit ihrem Lied „Geile Zeit“ – ihren einzigen wirklichen Hit „Die perfekte Welle“ konnten die hessischen Deutsch-Popper aus Pietätsgründen nicht spielen. Zweiter wurden die nicht mehr ganz taufrischen, dafür aber musikalisch zumindest etwas ambitionierten Hip-Hop-Veteranen von Fettes Brot. Weiter hinten versammelten sich traurige Acts wie die holzmichelnden Randfichten aus dem schönen Sachsen, auch Nordrhein-Westfalens Vertreterin Mamadee konnte sich nicht vorne im Kommerzgetümmel platzieren. Das Kulturland wird‘s verschmerzen können.

Wer Hochkultur bevorzugt, wird vielleicht am kommenden Samstag erlöst. Dann eröffnet im Westfälischen Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte in Münster eine Ausstellung zum 100. Jahrestag der Künstlergruppe „Brücke“, die mit Malern wie Ernst Ludwig Kirchner, Erich Heckel, Karl Schmidt-Rottluff und Emil Nolde den deutschen Expressionismus mitgeprägt hat. Zu sehen gibt es bis Mai 20 Gemälde und 70 Papierarbeiten aus der museumseigenen Sammlung, die aus konservatorischen Gründen nur selten gezeigt werden können. Am selben Tag eröffnet im Düsseldorfer Museum Kunstpalast auch die große Dubuffet/ Art brut Ausstellung „Im Rausch der Kunst“.

Terminverlegungen haben manchmal ihr Gutes. Denn beinahe wäre uns Folgendes durch die Lappen gegangen: Power-Gitarrist Jean-Paul Bourelly findet den Weg ins Domicil Dortmund – eine Woche später als geplant. Funk, Rock und Jazz satt, am heiligen Sonntag. Auch gut: Durch die Verschiebung ändert sich auch die Besetzung. Ex-Prince & The New Power Generation Drummer John Blackwell ergänzt das Duo um Mr. Bourelly himself und Bassman T.M. Stevens (Ex-James Brown) zum Trio. Good vibes, heavy beats.

Zum Schluss zum Ruhrgebiet, pardon, zur einzigen repräsentativen Klammer des Ruhrgebiets. die heißt bekanntlich Regionalverband Ruhr (RVR) und sucht einen Regionaldirektor, der dann freilich am Gängelband der mächtigen Ruhr-Oberbürgermeister hängen wird. Dennoch ist aus der Direktorenkür unterdessen ein unterhaltsames Rennen geworden, bei dem es auch um die Zukunft der Region geht. Denn die SPD hat sich am vergangenen Donnerstag auf einen Regionaldirektor geeinigt, auf Heinz-Dieter Klink (60), derzeit Kämmerer in Dorsten und SPD-Fraktionsführer in Gelsenkirchen. Doch weil auch Essens Kulturdezernent Oliver Scheytt seinen Hut partout nicht aus dem Ring nehmen will, sich auch vorstellen kann, bei einer Kampfabstimmung anzutreten, sprechen Beobachter von einer Richtungsentscheidung: Mit Klink würde ein unbekannter Verwalter, mit Scheytt ein Protagonist des kulturellen Aufbruchs gewählt. Am Freitag wird Scheytt auch dazu Fragen beantworten müssen: Die Ruhrpressekonferenz hat den Essener Dezernenten und andere Manager der Bewerbung des Ruhrgebiets als Europäische Kulturhauptstadt 2010 eingeladen.