: Barrieren vor der Gesellschaft
Sozialausschuss winkt Gleichstellungsgesetz für Behinderte durch. GAL beharrt auf Korrekturen: Unverbindliches Regelwerk bleibe hinter Entwürfen anderer Länder zurück
Gegen heftige Kritik der grünen Opposition hat der Sozialausschuss der Bürgerschaft das Gleichstellungsgesetz für Behinderte ohne Korrekturen beschlossen. Damit hätten Behinderte in Hamburg künftig schlechtere Chancen als andernorts, „ohne Benachteiligungen am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen“, rügte GALierin Martina Gregersen gestern den jetzt abgenickten Senatsentwurf. Dieser hinke dem Gleichstellungsgesetz des Bundes und anderer Ländern hinterher, weil er „keine verbindlichen Vorgaben macht“.
Der von der Sozialbehörde unter Einbeziehung von CDU- und SPD-Fraktion erarbeitete Gesetzentwurf setzt einen Bundeserlass um. Ziel ist, „behinderten Menschen die gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu gewährleisten“. Der Kern des Hamburger Gesetzes regelt die Barrierefreiheit: Insbesondere soll der Umgang mit Ämtern erleichtert werden, etwa durch Gebärdensprachendolmetscher und die Bereitstellung von Kommunikationsmitteln wie Bildschirmtelefonen.
Gregersen erneuerte gestern ihre Kritik, das Gesetz sei unverbindlich: „Der Begriff der Barrierefreiheit ist viel zu unscharf definiert und lässt zu großen Interpretationsspielraum zu.“ Statt Ämtern und Unternehmen konkrete Vorgaben zu machen, ermächtige das Gesetz den Senat nur, durch Rechtsverordnungen etwa den Anspruch auf Kommunikationshilfen zu bestimmen. „Eine Rechtsverordnung kann man nach Kassenlage verändern“, so Gregersen. Auch sei der Verzicht des Senats, den HVV zur Barrierefreiheit zu verpflichten, „ein Mangel, den es in anderen Gleichstellungsgesetzen nicht gibt“. Zudem weigerten sich SPD und CDU, „wichtige Punkte“ wie barrierefreie Gaststätten oder Medien zum Beispiel durch Bildbeschreibung für Blinde zu regeln. Zumindest müsse jetzt Behindertenverbänden das Instrument der Zielvereinbarung zugestanden werden, um diese Rundfunkanstalten oder HVV abverlangen zu dürfen.
SPD-Politiker Dirk Kienscherf verteidigte die Novelle als „entscheidenden Fortschritt“. Er erwarte eine „deutliche Verbesserung der Barrierefreiheit“. Diese sei dadurch garantiert, dass der Senat alle zwei Jahre über die Umsetzung des Gesetzes der Bürgerschaft Bericht zu erstatten und zugleich die Sozialbehörde für 2007 eine Evaluation angekündigt habe. EVA WEIKERT