Anwalt hinter Gittern

Abdolfattah Soltani kennt das iranische Justizsystem genau, und das nicht nur, weil er Rechtsanwalt und Menschenrechtsaktivist ist, sondern auch, weil er mehrfach selbst hinter Gittern saß. Beim ersten Mal war er 15 Jahre alt. Er hatte in Zeiten des Schahregimes an einer Demonstration teilgenommen. Im Zuge der Festnahmen von Oppositionellen seit den Präsidentschaftswahlen am vergangenen Freitag wurde er erneut inhaftiert.

Der 55-Jährige ist Mitglied des „Zentrums für Menschenrechtsverteidiger“, das die Friedensnobelpreisträgerin Shirin Ebadi gegründet hat. Die Liste derer, die Soltani verteidigt hat, liest sich wie ein Who’s who der politischen Gefangenen in der Islamischen Republik. Darunter waren der Journalist Akbar Gandschi, der über die sogenannten Kettenmorde“ an Intellektuellen recherchiert hatte, sowie Frauen, die sich an einer Unterschriftenkampagne für gleiche Rechte eingesetzt hatten.

Soltanis bislang letzte Festnahme fällt ins Jahr 2005. Damals vertrat er Personen, die angeklagt waren, Irans Atomprogramm im Auftrag der USA und Israels auszuspionieren. Dies brachte ihm einen mehrmonatigen Gefängnisaufenthalt ein, ehe er 2006 gegen Kaution freigelassen, wegen der Weitergabe vertraulicher Informationen zu fünf Jahren Haft verurteilt und schließlich von dem Revisionsgericht freigesprochen wurde.

Am 4. Oktober wird Soltani, der verheiratet ist und vier Kinder hat, für sein Engagement ausgezeichnet. Er erhält den Internationalen Nürnberger Menschenrechtspreis, der alle zwei Jahre verliehen wird und mit 15.000 Euro dotiert ist. In der Begründung der Jury heißt es: „Abdolfattah Soltani setzt sich mit bewundernswertem Mut und unter hohem persönlichen Risiko für die Anerkennung der Menschenrechte in der Islamischen Republik Iran ein.“ BEATE SEEL