: Zu wenig Pädagogen
LEHRERMANGEL Bildungsforscher Klaus Klemm warnt vor Versorgungslücke. Pro Jahr fehlten über 200 Pädagogen. Schulbehörde sieht das gelassen
Im Norden schrumpft die Schülerzahl bis 2020 um 20 Prozent, in Hamburg aber nur um 6,5 Prozent.
■ Hamburg hat einen sehr hohen Altersdurchschnitt bei den Lehrern. Im Jahr 2007 waren rund 40 Prozent 55 Jahre und älter.
■ Für die Schulreform und kleine Klassen werden mehr Lehrer benötigt. Eine Ganztagsschule braucht 30 Prozent mehr Pädagogen.
■ Die Wochenstundenzeiten sind die höchsten bundesweit. Das liegt am Arbeitszeitmodell. Wollte man alle Lehrer um zwei Stunden entlasten, bräuchte die Stadt 1.000 neue.
Der Bildungsforscher Klaus Klemm warnt vor einem gravierenden Lehrermangel im ganzen Norden (taz berichtete), der sich insbesondere auf Hamburg auswirken wird. Denn anders als in den übrigen Ländern geht die Schülerzahl in der Metropole kaum zurück. „Der Kampf um Lehrer in den Mangelfächern wird zwischen den Ländern dramatisch werden“, sagte der Wissenschaftler, der im Auftrag der Bildungsgewerkschaft GEW eine Studie erstellt hatte.
Klemm rechnet damit, dass bis zum Schuljahr 2015 / 16 fast 7.000 Lehrerstellen neu besetzt werden müssen. Übers Jahr geschätzt bräuchte Hamburg deshalb „konservativ gerechnet“ 900 Nachwuchslehrer. Dem stehen jedoch nur rund 670 Lehramtsabsolventen gegenüber.
Die GEW fordert deshalb, ab sofort die Zahl der Studienplätze für Lehramt an der Uni zu erhöhen. Da es derzeit 40 Prozent Abbrecher gebe, müssten zudem die Studienbedingungen verbessert werden, damit mehr Studierende ihren Abschluss machen. Die Fakultät kämpft gegen eine Kürzung von zehn Professuren, weil dort trotz des 2010 erwarteten Dopppeljahrgangs an Abiturienten keine zusätzlichen Studienplätze geschaffen werden. Die Linke-Fraktion forderte gestern den Senat auf, von dieser Linie abzuweichen und auch für diesen Jahrgang Plätze zu schaffen.
Die Schulbehörde sieht die Lage weniger dramatisch. „Bundesweit ist der Lehrermangel ein Problem“, sagt Sprecherin Brigitte Köhnlein. Hamburg stünde aber gut da. „Die Großstadt ist als Standort für Lehrer attraktiv.“
Es bestünde zwar ein Lehrermangel etwa in Physik oder Latein. Da es in diesen Fächern wenig Studienbewerber gebe, helfe eine Aufstockung von Studienplätzen nicht, sagte Köhnlein. Auch handele es sich bei der Klemm-Studie um eine Langzeitprognose, die „nicht so treffsicher“ sei. Die Behörde beobachte deshalb den Lehrermarkt und reagiere „kurzfristig“ mit zusätzlichen Referendarstellen. KAIJA KUTTER