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Archiv-Artikel

Bewohner genießen Heimvorteile

PFLEGEHEIME Das Landesamt für Gesundheit setzt erstmals auf Überraschungsbesuche in Pflegeheimen – mit Erfolg. Die Kontrolleure finden mehr, und die Heime bemühen sich um Verbesserungen

„Die Sonderprüfungen haben sich bewährt“

FRANZ ALLERT, LANDESAMT FÜR GESUNDHEIT UND SOZIALES

Pflegeeinrichtungen brauchen Kontrollen, am besten eine Kombination aus angekündigten und unangemeldeten Besuchen. Zu diesem Schluss kommt der aktuelle Jahresbericht des Landesamts für Gesundheit und Soziales (Lageso), den Präsident Franz Allert am Donnerstag vorstellte. In den Häusern wurden im vergangenen Jahr 46 Sonderkontrollen eingeführt. Resultat: Bei einem Drittel der besuchten Einrichtungen beklagten die Lageso-Kontrolleure erhebliche oder schwerwiegende Hygiene- oder Medikamentenmängel. Allert, Chef von rund 900 Mitarbeitern, beurteilt die Einführung des neuen Kontrollinstruments als Erfolg: „Die Sonderprüfungen haben sich bewährt.“

Vor einem Jahr hörte sich das noch anders an. Da hatte Allert unangemeldete Visiten als wenig sinnvoll eingestuft. „Sicher können die Mitarbeiter bei angemeldeten Prüfungen noch mal in den Ecken wischen. Eine schlechte Pflege sieht man den Menschen aber an“, sagte er damals. Aber auch jetzt will der Lageso-Chef nicht davon wissen, ausschließlich auf Überraschungsbesuche zu setzen. „Wichtiger ist, regelmäßig Präsenz zu zeigen“, sagte er am Donnerstag der taz. Er betrachte nun die unangemeldeten Besuche „als wichtige Ergänzung zu den angekündigten Kontrollbesuchen“. Genauso will er an der Anzahl festhalten: 2008 wurden 349 Regel- und 46 Sonderkontrollen durchgeführt. „Für eine Erhöhung sehe ich keinen Anlass“, so Allert.

Die unkontrollierten Besuche konzentrierten sich vergangenes Jahr auf zwei Schwerpunkte, die Einhaltung von Hygiene- und Medikamentenvorschriften. In den 46 überprüften Pflegeheimen gab es 14 Fälle mit geringfügigen und 16 mit schwerwiegenden Mängeln, heißt es im Jahresbericht der Lageso. Beanstandet wurden unsaubere Pflegebäder, verschmutzte Notrufklingeln und mangelhafte Medikamentenunterweisung des Personals. Die Heimleitung hatte die Mängel zügig zu beseitigen und wurde durch nochmalige unangekündigte Lageso-Prüfungen kontrolliert, teilte Allert mit. Der Amtschef ist mit dem Ergebnis insgesamt zufrieden, weil es zu „keinen Belegungsstopps und Schließungen“ von Einrichtungen gekommen ist.

Das schnelle Einlenken der Pflegeeinrichtungen führt der Landesamtspräsident auch auf politische Planungen zurück. Dem Senat liege der Entwurf des „Wohnteilhabegesetzes“ vor, das für mehr Transparenz bei Heimbewohnern, ihren Angehörigen und der interessierten Öffentlichkeit sorgen soll und in Zukunft die Untersuchungsergebnisse der Allgemeinheit im Internet zur Verfügung stellen will.

Über die Notwendigkeit bestehe über alle Parteien hinweg Konsens, so Allert. Deshalb wird das Gesetz nach seiner Einschätzung zum nächsten Jahr eingeführt. Allein die Ankündigung habe für Verbesserung der Missstände gesorgt. Allert stellt fest: „In der Szene der Heimbesitzer tut sich offenbar was.“ Das zeige auch der zunehmende Beratungsbedarf der Betreiber von Pflegeheimen, die sich verstärkt an das Landesamt wenden und im vergangenen Jahr in 1.600 Gesprächen die Lageso-Mitarbeitern aufsuchten. 2007 waren es gerade mal 1.000 Beratungen. Derzeit bieten 554 Einrichtungen in Berlin Platz für 37.000 alte, pflegebedürftige oder kurzzeitig zu betreuende Menschen.

Weiteres Thema des Jahresberichts war die Integration von Menschen mit Behinderung. Laut Allert nimmt die Zahl der behinderten Menschen in Berlin zu. Lebten im Jahr 2007 noch 560.000 Behinderte in der Hauptstadt, so waren es 2008 bereits rund 574.000. Betroffen ist demnach jeder sechste Berliner.

Allert wusste zu berichten, dass sie trotz schwieriger Wirtschaftslage vermehrt Behinderte in Arbeit bringen konnte. Im Vergleich zum Vorjahr sei die Zahl der Arbeitslosen in diesem Bereich um 1,3 Prozent gesunken. ANNE SIEGMUND