: Vize Dschaafari soll Irak regieren
Schiiten-Parteien nominieren Vizepräsidenten für den Posten des Regierungschefs. Bagdads Bürgermeister hofft auf Freilassung der entführten italienischen Reporterin
BERLIN afp/ ■ Neuer irakischer Regierungschef soll der bisherige Vizepräsident Ibrahim al- Dschaafari werden. Nach ihrem Sieg bei der Parlamentswahl einigte sich die Vereinigte Irakische Allianz (VIA) auf den 54-Jährigen als Kandidaten für das Amt des Ministerpräsidenten, teilte ein Sprecher von Dschaafaris Dawa-Partei gestern mit. Finanzminister Adel Abdel Mahdi vom Obersten Rat der Islamischen Revolution habe sich aus dem Rennen zurückgezogen. Die Nominierung werde in zwei bis drei Tagen offiziell verkündet.
Die VIA, ein Bündnis verschiedener schiitisch geprägter Parteien, hatte bei der Parlamentswahl die absolute Mehrheit von 140 der 275 Sitze gewonnen. Die Partei des scheidenden Ministerpräsidenten Ajad Allawi kam nur auf 13,8 Prozent der Stimmen. Der noch vom Parlament mit Zweidrittelmehrheit zu wählende Präsidialrat muss sich binnen zweier Wochen einstimmig auf den neuen Ministerpräsidenten und dessen Kabinett einigen.
Dschaafari gilt als einer der populärsten Politiker des Irak. Er gehörte im April 2003 zu den ersten Rückkehrern aus dem Exil und war Präsident des von den USA eingesetzten Regierungsrats. In einer Umfrage kam er auf der Liste der einflussreichsten schiitischen Persönlichkeiten nach Großajatollah Ali Sistani und dem radikalen Prediger Moktada Sadr auf Platz drei.
Die irakische Wahlkommission gab gestern bekannt, sie prüfe Vorwürfe über Unregelmäßigkeiten bei der Parlamentswahl. Drei Beschwerden seien bisher eingegangen, so ein Sprecher.
Indes hat sich der Bürgermeister von Bagdad, Ala al-Tamini, zuversichtlich über eine baldige Freilassung der vor zwölf Tagen im Irak entführten Journalistin Giuliana Sgrena geäußert. „Das irakische Volk ist gegen diese Entführung, es handelt sich um einen kriminellen Akt“, sagte Tamini bei einem Vortrag vor Studenten im italienischen Turin. Über die Identität der Entführer und deren genaue Forderungen sei weiterhin nichts bekannt. Franco Sgrena, Vater der Entführten, appellierte erneut an die Geiselnehmer, ein Lebenszeichen von seiner Tochter zu senden. Il Manifesto, für die Sgrena unter anderem schreibt, kündigte eine Demo für ihre Freilassung am Samstag in Rom an.
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