: „Nach 15 Jahren darf ich an Wechsel denken“
Sibyll Klotz hält sich für die Zukunft viele Optionen offen: einen Wechsel in den Bundestag etwa. Oder einen Posten in einem rot-grünen Senat. Sicher ist nur eins: Sie will in der Politik bleiben, aber nicht als Chefin einer Oppositionsfraktion
taz: Frau Klotz, Sie wollen zur Wahl 2006 nicht wieder antreten. Das klingt absurd. Aktuelle Umfragen sehen Rot-Grün in Berlin vorn – da könnten Sie doch endlich Senatorin werden.
Sibyll Klotz: Das war nicht das Thema der Vorstandswahl. Absurd ist allerdings Ihre Erwartung, dass Senatorinnen sich als Abgeordnete am besten selbst kontrollieren sollen. Ich habe einzig und allein entschieden, nicht wieder Spitzenkandidatin zu werden.
Spitzenposten wie Senatsämter gehen aber üblicherweise an die Spitzenleute. Und das sind die, die ihre Partei in den Wahlkampf führen.
Wenn ich wieder Spitzenkandidatin wäre, müsste ich das unabhängig von der Frage des Wahlausgangs tun und bereit sein, die Fraktion in der Opposition zu führen. Erst als Nummer eins kandidieren und dann doch den Job nicht machen wollen, weil es mit der Regierung nicht geklappt hat – wie 2001 Günter Rexrodt oder ein Jahr vorher in Schleswig-Holstein Volker Rühe – so etwas mache ich nicht.
Jetzt sagen Sie bloß noch, Sie wären mit fast 44 Jahren zu alt, um weiterzumachen.
Nach 15 Jahren im Abgeordnetenhaus darf ich ja wohl mal über einen Wechsel nachdenken. Früher musste man bei den Grünen schon nach zwei Jahren aus dem Parlament rausrotieren. Und außerdem: Hat nicht die taz genau wie andere Zeitungen immer wieder von einem nötigen Generationenwechsel geschrieben?
Klotz auf den Spuren von Wieland und Cramer, die vergangenes Jahr rausgingen?
Vielleicht will auch ich gehen, bevor man mich rausträgt.
Was machen Sie denn, wenn Sie nicht mehr im Abgeordnetenhaus sitzen?
Was ich mache, ist noch offen. Politisch arbeiten werde ich auf jeden Fall. Ich sage ja auch nicht, dass ich überhaupt nicht mehr für das Abgeordnetenhaus antrete. Ich habe mich nur entschieden, dass ich nicht wieder Spitzenkandidatin sein will.
In Ihrer Partei erzählt man sich, dass Sie in den Bundestag wollen.
Das ist eine von mehreren Möglichkeiten.
Trotzdem bleibt der Eindruck: Die Klotz wirft die Brocken hin.
Das ist Ihr Eindruck. Partei und Fraktion wissen, dass ich im politischen Geschäft bleibe. Wieso auch nicht? Die Fraktion steht gut da. Wir arbeiten sach- und lösungsorientiert, während der Regierende Partymeister versucht, die Party loszuwerden.
Strategisch ist es aber äußerst unklug, wenn einen vor der Wahl 2006 plötzlich nicht die bis dahin vielfach präsente Fraktionschefin, sondern eine andere Frau von den Grünen-Plakaten anschaut. Das sieht jede normale Partei so.
Überlassen Sie die strategischen Fragen ruhig uns, genau wie die Plakatgestaltung. Und was ist denn eine „normale“ Partei? Es wird auf jeden Fall einen gemeinsamen Wahlkampf im Bund und im Land geben. Unsere Stärke ist immer das Team gewesen, und in diesem Team will ich mitarbeiten.
Ihr Rückzug wirft eine zentrale Frage auf: Welche Frau – und eine Frau muss es laut Statut sein – wird Nummer eins im Berliner Grünen-Wahlkampf?
Das ist überhaupt noch nicht entschieden. Bei den Grünen gelten für Kandidaturen drei Gesetze. Erstens: Es entscheidet die Mitgliederversammlung. Zweitens: Für Überraschungen sind wir immer gut. Besonders, wenn es uns gut geht – siehe unsere Vorstandswahl am Dienstag. Drittens: Wir haben viele fähige und starke Frauen in unseren Reihen.
Vor allem Michaele Schreyer, seit November zurück aus Brüssel von ihrem früheren Job als EU-Kommissarin.
Michaele Schreyer ist eine dieser Frauen.
INTERVIEW: STEFAN ALBERTI