Geringfügig gesperrt

POLITKUNST Verfahren gegen einen Performer eingestellt, der Gentrifizierung kritisch betrachtet

Der damalige Einsatzleiter der Hamburger Davidwache, Lars E., brachte es vor Gericht auf den Punkt: „Was passiert ist, ist das, was wir vorher nicht wollten.“ Damit meinte er die Finissage eines als Performance angelegten Stadtteilrundgangs zur Gentrifizierung in St. Pauli. Bereitschaftspolizisten beendeten den Rundgang und brachten Teilnehmer zu Boden – Martin R. musste sich darum wegen Widerstand verantworten, da er sich gegen seine Festnahme „sperrte“. Amtsrichterin Catrin Knuth stellte das Verfahren gestern nach der Ansicht des Dokumentarfilms „Empire St. Pauli“ wegen Geringfügigkeit ein.

Kernpunkt des Verfahrens war die Frage, ob der im Zuge des Antira- und Klimacamps im August 2008 deklarierte „Landgang durch die Sonderrechtszone“ als Kunstaktion anzusehen war oder als Versammlung. „Kunst braucht keinen Anmelder und Leiter“, bekräftigte Rs. Anwalt Marc Meyer. So konnten die Gentrifizierungs-Kritiker drei Stunden lang beäugt, aber unbehelligt von der Polizei an neuralgischen Punkten agieren.

Erst als die Teilnehmer mit Buchstaben-Tafeln kritische Sprüche zur Videoüberwachung der Reeperbahn bildeten, – „Fernsehen macht blöd“ –, war es für E. nun eine Demo. Wenn man sich neben Polizisten mit Tafeln stelle, wo „blöd“ draufstehe, so E., „dann ist das keine Kunst mehr“. Er habe die Akteure gewähren lassen, „ohne dass die Polizei dazwischen gehen musste“. Es sei das Sinnvollste gewesen. Aber der Führungsstab im Präsidium, der das Geschehen per Video verfolgte, habe dann doch Einheiten zur Personalienfeststellung dorthin beordert. Lars E. sagte kleinlaut: „Da lag nichts mehr in meiner Handlungskompetenz.“ KVA