: Letzter Prozess um DDR-Todesschüsse
Kein Schuldspruch im Fall Gartenschläger. Dieser war 1971 von einem Stasi-Kommando erschossen worden. Offizier aus formalen Gründen freigesprochen
LEIPZIG dpa ■ Der spektakuläre Tod des DDR-Regimekritikers Michael Gartenschläger an der innerdeutschen Grenze vor fast 30 Jahren bleibt ungesühnt. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat gestern einen früheren Stasi-Offizier freigesprochen, der wegen Totschlags angeklagt war. Damit ist der letzte Fall um Todesschüsse an Mauer und Stacheldraht, der vor einem deutschen Gericht anhängig war, abgeschlossen, wie der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofes gestern in Leipzig erklärte.
Gartenschläger war 1976 im Alter von 32 Jahren von einem Stasi-Sonderkommando erschossen worden. Er hatte versucht, an der Grenze vom Westen aus eine der berüchtigten Todesautomaten SM-70 abzubauen. Zuvor hatte er zehn Jahre in DDR-Haft gesessen und war vom Westen freigekauft worden.
Im Fall Gartenschlägers hatte das Berliner Landgericht bereits im April 2003 den Vorgesetzten des 63-Jährigen freigesprochen. Das Urteil über den 63-Jährigen selbst war von den Berliner Richtern nur eingestellt worden. Dies änderten die Leipziger Bundesrichter nun aus formalen Gründen.
Die Staatsanwaltschaft Berlin hatte den Angeklagten gemeinschaftlichen Totschlag vorgeworfen. Mit dem Mord an Gartenschläger sollte verhindert werden, dass er das DDR-Regime weitere Male bloßstellt. Nach dem Berliner Urteil war jedoch weder er noch sein Vorgesetzter an der Planung von Gartenschlägers Verfolgung beteiligt. In der Todesnacht könnten die Stasiposten vor Ort in Notwehr gehandelt haben. Laut Urteil ist nicht auszuschließen, dass das Opfer zuerst geschossen hat. Das Gericht kam mithin zu dem Schluss, dass damit nur noch eine erfolglose Aufforderung zum Mord vorlag. Diese ist seit Oktober 2000 verjährt.