: „Ich hoffe, dass ich ausschlafen kann“
Martin Heller rüstet sich für den entscheidenden Tag. Denn morgen kommt die Kulturhauptstadt-Jury
Bremen taz ■ Vormittags Lübeck, dann an die Weser: Am Samstag hat Bremen drei Stunden Zeit, der siebenköpfige Kulturhauptstadt-Jury neben einer Fischsuppe möglichst viel Sympathie für seine Bewerbung zu verabreichen. Schließlich fällt in drei Wochen die nationale Vorentscheidung. Aus diesem Anlass ein paar Fragen an Martin Heller, der seit April 2003 mit 10,5 Millionen Euro an Bremens Chancen bastelt.
taz: Morgen kommt die Jury – die entscheidende Hürde auf dem Weg zur „Kulturhauptstadt Europas“. Sind Sie nervös?
Martin Heller: Ich würde den Zustand mit „konzentrierter Gelassenheit“ beschreiben.
Kommunikationspsychologen sagen, die ersten drei Sekunden sind entscheidend für das Urteil. Wie nutzen Sie die?
Über die drei Sekunden hinaus ist gewiss die erste halbe Stunde wichtig. Faktenmäßig hat die Jury schon sehr viel gekriegt, jetzt geht es um die emotionale Botschaft. Alle Beteiligten müssen in ihren verschiedenen Rollen stimmig und engagiert zusammen spielen.
Sie haben das Ganze szenisch geprobt?
Natürlich nicht. Aber wir haben Briefings gemacht. Herr Scherf steht für die Stadt und ihr bundespolitisches Gewicht, Herr Gloystein für seine Ressorts Wirtschaft und Kultur, Frau Trüpel für Europa und ich für alle inhaltlichen und konzeptionellen Belange der Bewerbung selbst.
Aus Sicht vieler Kulturschaffender hängt ihr weiteres Wohl und Wehe von der Jury ab – weil ohne Hauptstadt die Sparkeule niedersaust. Belastet Sie das?
Nein. Seit meinen Kämpfen für die Schweizer Landesausstellung 2002 habe ich keine Angst mehr. Dort waren extrem kritische Situationen zu meistern.
Apropos: Am Samstag soll es heftig schauern … wie wichtig ist das Wetter?
Sollte es Katzen hageln, so werden sie singen: „I want to be a star …“
Gestern haben Sie das Magazin „Was Bremen tut“ vorgelegt. Tut Bremen genug?
Für den jetzigen Stand des Prozesses: ja.
Der Haushaltsausschuss hat gerade die Chance verpasst, rechtzeitig zum Jurybesuch die zweite Tranche des Hauptstadt-Fonds zu bewilligen.
Das spielt keine Rolle. Die Tranche wird kommen.
Sie betreiben das Hauptstadtprojekt seit fast zwei Jahren. Was hat sich in dieser Zeit konkret in Bremen verändert?
Kultur ist ein gewichtiges Thema geworden. Und: Die Bewerbung hat alle politischen Wechsel unbeschadet überstanden. Sämtliche Entscheidungsträger wollen dieses Projekt und sehen darin eine entscheidende Perspektive.
Sie hätten jetzt auch auf Theaterschule oder den Kunsthallenanbau verweisen können.
Viel nachhaltiger ist, was sich prinzipiell tut. Mentalitäten sind das wertvollste und schwierigste zugleich.
Und was tut sich diesbezüglich in Berlin und Brüssel? Wie läuft das Lobbying?
Wir machen keine Hinterzimmer-Arbeit. Sehr wichtig war, rechtzeitig mit der Kogge in Berlin zu sein. Aber bei manchen Aktionen [Regensburg verteilt in den Konkurrenzstädten per Helikopter Brezn und Brühwürste, Halle lässt 1.098 Genscher-Plakate kleben, auch in Bremen, Anm. d. Red.] würde mich jeder Euro reuen – da haben wir weit sinnvoller investiert. Und für Brüssel sind die Vorbereitungen bereits angelaufen.
Und morgen? Wann stehen Sie auf?
Ich hoffe, dass ich ausschlafen kann.
Interview: Henning Bleyl