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Archiv-Artikel

Drägers farblose Scheinstudien

Hamburgs plant kein eigenes Darlehenssystem zur sozialen Abfederung von Studiengebühren. Kredit der bundeseigenen Bank KfW könne Gebühr abdecken, meint Senator Dräger. Opposition schäumt. Uni-Chef Lüthje ruft Senat in die Pflicht

von Eva Weikert

Stets hatte Jörg Dräger auf Mitte Februar vertröstet, wenn ihn Journalisten nach der sozialen Abfederung von Hamburger Studiengebühren löcherten. Gestern war der Wissenschaftssenator aus Berlin zurück, wo am Vortag die bundeseigene Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) ihr Darlehensmodell für Studierende konkretisiert hatte. Zwar stellte die Bank klar, „wir wollen keine Gebühren finanzieren“. Doch Dräger kümmert das nicht: „Ich halte das KfW-Modell grundsätzlich für ein geeignetes Instrument der Studienfinanzierung, auch für Hamburg“, so der Parteilose zur taz, „mit dem potenziell auch der Mehrbedarf durch Studiengebühren finanziert werden kann.“

Auch die CDU-Fraktion sieht eine „Lösung für Hamburg“. Am Mittwoch will sie in der Bürgerschaft die Einführung allgemeiner Studiengebühren zum Sommersemester 2005 beschließen. Senator und Fraktion haben versprochen, vor dem Start der 500-Euro-Maut werde ein Darlehenssystem für soziale Absicherung sorgen. Die KfW will Kredite von monatlich bis zu 650 Euro für alle Studierenden anbieten (siehe Kasten).

Die KfW bringe ihr Angebot nicht auf den Markt, „um die Studiengebühren zu finanzieren, sondern die Lebenshaltungskosten“, betonte Sprecherin Sonja Höpfner. Denn auch ohne Gebühren sei die Lage der Studis bereits „höchst angestrengt“.

Dass die KfW lieber für Miete und Essen beispringen will, statt Ländergebühren vorzustrecken, ist dem Hamburger Senat egal: „Die Scheine sind ja nicht gefärbt“, so Dräger, Studierende hätten einen „bestimmten Finanzbedarf. Hier kann ein Darlehen von bis zu 650 Euro auch Gebühren grundsätzlich abdecken.“ Auch CDU-Hochschulpolitiker Wolfgang Beuß ist mit dem Berliner Produkt zufrieden: „Das ist erstmal eine Lösung für Hamburg und ein guter Schritt.“ Mittelfristig müssten aber auch „andere Angebote wie Bildungssparen gemacht werden“, mahnte Beuß.

Der Senator erklärte indes auf die Frage, ob die Stadt selbst Kredit- und Stipendiensysteme plane: „Jetzt wollen wir erst einmal das konkrete KfW-Produkt abwarten, das bis zum Herbst vorliegen soll.“ Nach der Berlinreise sei er „zuversichtlich, dass dieses Modell in die richtige Richtung geht“. Er rechne aber damit, dass „nur ein kleiner Teil“ der Studis über Stipendien finanziert würde, welche wohl Hochschulen, Stiftungen und Begabtenförderwerke künftig verstärkt anbieten würden. Auch „die Wirtschaft gezielt anzusprechen ist Aufgabe der Hochschulen“, so Dräger.

Damit aber, schäumte die grüne Opposition, „drückt sich der Senator vor der sozialen Verantwortung“. Hamburg nutze das KfW-Modell, um seine Studiengebühren zu finanzieren, rügte GALierin Heike Opitz, „und wälzt damit Kosten auf den Bund ab“. Auch sei das Kreditangebot aus Berlin „unseriös“, monierte Opitz, da fünf Prozent Zinsen die Ausfälle nicht decken könnten. Würde zudem auf Stipendien verzichtet, „erlangt die Verschuldung der Studierenden eine enorme Dimension“.

Auch Uni-Chef Jürgen Lüthje warnte, das KfW-Modell allein sei „nicht ausreichend“ und erinnerte daran, dass die Verfassungsrichter beim Kippen des Gebührenverbots die Länder zu sozialer Abfederung gemahnt haben: „Darum sehe ich jetzt Hamburg in der Pflicht, auch eigene Studienfinanzierungsmodelle vorzulegen.“