: Unterlagen gut aufheben
Vermittler haften auch nach mehreren Jahren noch für Falschberatung. Deshalb sollte man alle beweiskräftigen Beratungsunterlagen und eigene Notizen gut verwahren
Annette Barnscheidt staunte nicht schlecht, als ihr zwei Jahre nach Abschluss ihrer privaten Rentenvorsorge die Securenta AG mitteilte, die Gewinnausschüttungen seien befristet ausgesetzt. 5.000 Euro hatte sie im Jahr 2000 angelegt, zudem monatlich 50 Euro eingezahlt. Das Geld sollte in Immobilien investiert werden, wo jährliche Ausschüttungen von 6 Prozent üblich seien. Das hörte sich gut an.
Dass sie sich als atypisch stille Gesellschafterin an einem Unternehmen beteiligt und auch für Verluste einzustehen hat, war Frau Barnscheidt nicht klar: „Darüber wurde vor Vertragsunterzeichnung nicht gesprochen.“ Tritt der schlimmste Fall ein, ist das Geld weg. Eine vorzeitige Kündigung der 10-jährigen Beteiligung ist vertraglich nicht vorgesehen.
Annette Barnscheidt ist kein Einzelfall. Viele erkennen erst im Laufe der Zeit, dass sie sich auf eine unrentable Kapitalanlage oder auf ein Unternehmen eingelassen haben, über dessen Konzept und Anlagestrategie sie wenig wissen. Der Ausstieg aus einer langfristigen vertraglichen Bindung ist schwierig. Vorzeitig kommen Anleger meist nur über einen Vergleich heraus. Der Preis ist hoch: Das eingezahlte Geld gibt es nicht oder nur anteilig zurück. Nicht selten landen geprellte Anleger schließlich vor Gericht. Eine Haftungsgrundlage kann ein fehlerhafter Prospekt sein. Wer als Fondsinitiator oder Beteiligungsgesellschaft einen Prospekt herausgibt, ist für dessen Richtigkeit verantwortlich. Können Anleger nachweisen, aufgrund falscher Angaben Geld verloren zu haben, können sie Schadenersatz geltend machen.
Wer Vermittler und Berater in die Haftung nehmen will, muss den Nachweis der Falschberatung führen. Vorträge über gescheiterte Hoffnungen reichen vor Gericht nicht aus. Chancen haben diejenigen, die glaubhaft darlegen können, dass falsche Zahlen vorgerechnet, Risiken nicht erwähnt oder bereits bekannte Negativmeldungen über den Anbieter verschwiegen wurden. Oftmals wird im Rahmen einer Vermögensberatung auch ein Protokoll über Anlageziele und die Risikobereitschaft von Kunden geführt. Weichen die Geldanlageempfehlungen der Berater von den dokumentierten Anlagezielen ab, hat ein Schadenersatzprozess Aussicht auf Erfolg. Doch ohne beweiskräftige Unterlagen, Notizen oder Zeugen bekommen Geschädigte kaum ihr Geld zurück. Wem in der eigenen Wohnung eine Geldanlage vermittelt wird, der kann innerhalb von 14 Tagen ohne Angabe von Gründen von dem Vertrag zurücktreten. Diese Möglichkeit sieht das Haustürwiderrufsgesetz vor. Damit auch alles ordnungsgemäß vonstatten geht, ist es ratsam, den Rücktritt per Einschreiben mit Rückschein zu erklären.
Für einen Schadenersatzanspruch wegen Falschberatung gilt eine dreijährige Verjährungsfrist, die am Ende des Jahres beginnt, in dem der Anspruch entstand und Anleger davon erfahren haben oder hätten Kenntnis haben müssen. Allerdings gilt diese Frist nur für Verträge, die seit dem Jahr 2002 abgeschlossen wurden. Wegen einer Gesetzesreform, des Schuldrechtmodernisierungsgesetzes, gelten für Verträge, die bis 2001 abgeschlossen wurden, Übergangsfristen. Grundsätzlich verjähren die Ansprüche spätestens am 31. Dezember 2011, also zehn Jahre nach Einführung des neuen Schuldrechts.
SIMONE WEIDNER