: Ein unverhoffter Aufstieg in die Königs-Klasse
Team der Woche: Der SD Croatia wurde über Nacht zum Kultverein, denn ihr Sponsor ist das „Café King“. Trikots des Tempelhofer Clubs werden inzwischen bei eBay versteigert
Die Vereinsführung des SD Croatia aus dem Friedrich-Ebert-Stadion ordnete vor dem Bezirksliga-Heimspiel gegen Marathon 02 einen ungewöhnlichen Ausrüstungsappell an. Vermutet wurde ein „Maulwurf“ im Kader, der sein schickes rot-weiß kariertes Kroaten-Jersey über eBay gegen gutes Geld versteigert haben soll – ausgerechnet an den TV-Clown Oliver Pocher, der sich auf Pro 7 in der Kluft der Tempelhofer Amateure über Gott und die Welt lustig gemacht hatte.
Bei Croatia fand man den schrägen Imagetransfer via Bildschirm überhaupt nicht komisch. Deshalb setzte die aufgeschreckte Clubleitung die Fahndung nach dem heimlichen Pocher-Ausrüster an. Ohne Erfolg. „Wir haben nicht herausgefunden, wer es war. Vielleicht war es ja auch ein ehemaliger Spieler von uns, der noch ein Trikot hatte. Oder es wurde uns gestohlen“, kommentierte Präsident Pero Kolobaric die vergebliche Jagd nach dem Trikot-Versteigerer.
Die Sporthemden aus der 7. Li ga sind derzeit offenbar gefragter als viele Arbeitsanzüge von höherklassigen Teams. Besonders die Werbeaufschrift des Hauptsponsors auf der Croatia-Brust macht die Bekleidung der Amateure zu wahren Kultobjekten: „Café King“ steht in großen Lettern auf den Trikots.
In jener berüchtigten Zocker-Kneipe in der Charlottenburger Rankestraße hat der Wettskandal um den DFB-Schiedsrichter Robert Hoyzer seinen Ausgang genommen. Mittlerweile erschüttert die Betrugsaffäre den deutschen Profifußball und belastet die Vorbereitung auf die WM 2006 in Deutschland. Croatia zittert ein wenig mit.
Denn die „Café King“-Betreiberbrüder Ante, Milan und Filip S. sitzen als mutmaßliche Drahtzieher der Betrugsaffäre in U-Haft. Früher haben Ante und Milan bei Croatia dem Ball nachgejagt. Ante wird als talentierter, leider verletzungsanfälliger Stürmer beschrieben. Milan hat auch nach seiner Zeit als Präsident bei den Alten Herren des Ex-Regionalligisten ausgeholfen. Nun schießt der Café-Besitzer als Sponsor angeblich 5.000 Euro zum Vereinsetat dazu.
„Jetzt sieht es so aus, als wären plötzlich alle Kroaten Zocker und Schieber“, schimpft ein Landsmann des inhaftierten Trios. Auch Milans indirekter Amtsnachfolger reagiert zunächst genervt auf Recherchen in seinem Club zum „Fall Hoyzer“. „Wir hatten noch nie Probleme in Berlin. Jetzt könnte es sein, dass der eine oder andere Gegner etwas gereizt reagiert. Das alles ist nicht schön für uns“, erklärt Kolobaric und fügt energisch hinzu: „Aber als Verein haben wir mit der Sache nichts zu tun. Wir haben einen Vertrag bis Saisonende mit dem Café King, nicht mit einzelnen Personen.“
Inzwischen hat der Präsident die alte Lockerheit wiedergefunden. Denn die Bezirksliga-Rivalen verzichten bisher auf provokante Untertöne zum Thema „Café King“. Der „SD“ aus Tempelhof scheint sogar gestärkt aus der Sache hervorgegangen zu sein. Beide Punktspiele nach Ausbruch des Hoyzer-Bebens konnte die Mannschaft gewinnen. JÜRGEN SCHULZ