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Archiv-Artikel

Die rechte Misserfolgsfront

Die NPD-Niederlage im Norden ist auch ein Schlag für den Plan der Rechtsextremen, gemeinsam stark zu werden. Die Wahlparty der Neonazis wird geheim gefeiert

KIEL taz ■ Wie großartig hatte sich die NPD-Spitze das alles vorgestellt. Parteichef Udo Voigt war extra nach Kiel gereist. Kurz nach 18 Uhr wollte er Seit an Seit mit den schleswig-holsteinischen Spitzenkandidaten der Nationaldemokraten ins Landeshaus einmarschieren. Vor Selbstbewusstsein strotzend und in Siegerlaune, so hatten sich die führenden Köpfe der Partei seit Wochen der Öffentlichkeit präsentiert. Der Landtag an der Förde, er sollte nur eine Trainingsetappe sein auf dem Weg zum eigentlichen Ziel – der Bundestagswahl 2006.

Doch es kam ganz anders. Nicht mal die in Umfragen vorher gesagten 3 Prozent der Wählerstimmen konnten die NPD-Kandidaten gewinnen. Und das, obwohl sie mit keiner anderen Partei vom rechten Rand konkurrieren mussten. Obwohl auch DVU, Teile der „Republikaner“ und prominente Köpfe der Neonazi-Szene wie Thomas Wulff zur Wahl der Feinde von einst aufgerufen hatten.

Nach Vertretern der NPD suchte man am Wahlabend im Kieler Landeshaus vergeblich – und daran wird sich auf absehbare Zeit nichts ändern. Wer es nicht in den Landtag schafft, hat auch kein Zutrittsrecht zum Parlament. Pech gehabt. Doch anders als in den vergangenen Wochen zog es NPD-Chef Voigt plötzlich auch gar nicht mehr ins Scheinwerferlicht. Verlierermienen passen nicht ins Bild, das die NPD verbreiten will. So erklärte die Parteispitze selbst die „Wahlparty“ am Abend kurzerhand zur Geheimveranstaltung. Abgeschirmt von Polizeikräften ließen sich einige Dutzend Getreue in einem Landgasthof im Örtchen Sehestedt, 20 Minuten von Kiel entfernt, vom Parteichef persönlich trösten.

Schleswig-Holstein galt als erste Bewährungsprobe für die „Volksfront“. Nun wird es den Spitzen von NPD, DVU genau wie den Führungsfiguren aus der Kameradschaftsszene schwer fallen, den Schulterschluss weiter als ultimatives Erfolgsmodell zu verkaufen. Das Beispiel Schleswig-Holstein zeigt, dass sich der sensationelle Erfolg der Rechtsextremen in Sachsen eben nicht so ohne weiteres auf andere Bundesländer übertragen lässt. Anders als in Sachsen fehlte der NPD mit nur 180 Mitgliedern zwischen Nord- und Ostsee die Basis. Zudem konnten die Rechtsextremen weder lokale Honoratioren noch importierte Politprofis ins Rennen schicken. Im Gegenteil: Der Wahlkampfchef Ingo Stawitz zeigte schon beim Wahlkampfauftakt, wie er sich die Lösung politischer Konflikte vorstellt. Er warf mit Steinen auf Gegendemonstranten und trat auf eine am Boden liegende Frau ein. Und der Listenkandidat Peter von der Born ist mehrfach wegen Körperverletzung vorbestraft.

Auf die nächsten Monate dürften sich die Strategen in der NPD-Zentrale nicht freuen. Denn in Nordrhein-Westfalen ist die Partei noch schlechter aufgestellt als im Norden. Bei der Landtagswahl im Mai droht der „Volksfront“ das nächste Desaster. Gut möglich, dass es das dann war. Denn welcher Parteiaktive stellt schon dauerhaft die eigenen Machtinteressen zurück für eine Misserfolgsfront? ASTRID GEISLER