: „Idioten nur bei der SPD“
Ministerpräsident Steinbrück tritt zur Unzeit im TV auf
Es war ein Auftritt zur falschen Zeit, am falschen Ort. Ministerpräsident Peer Steinbrück (SPD) musste am Sonntag Abend als personifizierte Sozialdemokratie bei Christiansen eine Wahlniederlage der SPD in Schleswig-Holstein erklären, die so recht keine war. 21.45 Uhr, zu diesem Zeitpunkt lagen Schwarz-Gelb in den ARD/ZDF-Hochrechnungen vorn: Sabine Christiansen hatte die Politiker Christian Wulff (CDU), Wolfgang Gerhardt (FDP) und Claudia Roth (Grüne) sowie den Dieter Bohlen des deutschen Magazinjournalismus, Hans-Ulrich Jörges (Stern), versammelt – und dazu Steinbrück, von der Runde ausgemacht als nächster Wahlverlierer.
Nicht verwunderlich also, dass Steinbrück durchaus noch miesepetriger wirkte als sonst. Er saß neben Frau Christiansen und musste eine Suada von mehr oder weniger schlüssigen Erklärungen zur angeblichen Abwahl seiner Parteifreundin Heide Simonis über sich ergehen lassen. Wulff sah das Ende von Rot-Grün in Deutschland und weltweit nahen. Steinbrück, ganz Wahlverlierer, machte dazu sein dickstes Doppelkinn und mahlte mit dem Unterkiefer. Jörges attackierte Roth wegen der Visa-Affäre und riet Steinbrück, nicht immer wie Franz Müntefering mit rotem Schal Wahlkampf zu machen. Steinbrück blickte irritiert auf seine schwarz-rote Krawatte und griff selbst dann nicht ein, als Roth mit wässrigen Augen nur knapp einen Weinkrampf angesichts der CDU/FDP/Stern-Attacken verhindern konnte. Steinbrück verwundert: „Die Diskussion ist heftig, wie ich als Zuhörer mitkriege.“ Mantrahaft variierte er einen Satz: „Das Rennen in NRW ist offen...“
Erst als Ministerpräsident Wulff allzu sehr die nahende und völlig verdiente Weltherrschaft der CDU herbeiredete, drehte der NRW-Ministerpräsident auf. „Die CDU macht alles besser, schöner, effizienter, ist schlauer und die Idioten sind einseitig bei der SPD“, sagte Steinbrück, als wenn die Sonne nur über der Opposition scheine. Einmal warm geredet, lachte Steinbrück auch noch FDP-Mann Gerhardt aus, der den liberalen NRW-Landesverband gelobt hatte: „Das war ja ein Werbespot.“ Für einen Wahlverlierer kein schlechter Auftritt, mochte sich der MP zum Ende der Sendung gedacht haben.
Was am nächsten Morgen, die SPD hatte Frau Simonis längst als Wahlsiegerin gefeiert, blieb, war trotzdem das Bild eines zerknirschten Verlierers – zumal Steinbrück nicht in die aufgesetzte sozialdemokratische Winner-Rhetorik mit einstimmen wollte. Er sei enttäuscht über den Wahlausgang, ließ Steinbrück verbreiten. Enttäuscht wohl vor allem darüber, stellvertretend für Heide Simonis die Prügel in Deutschlands Fernsehparlament bezogen zu haben. KAN/TEI