Düsseldorf lässt seine Bürger im Mief sitzen

Die Landeshauptstadt plant mit Hochdruck eine Stadtautobahn durch ein Naturschutzgebiet. AnwohnerInnen fürchten die Zerstörung der letzten Frischluftschneise und drohen mit Klagen gegen das Verkehrsprojekt

DÜSSELDORF taz ■ Oberbürgermeister Joachim Erwin sorgt für dicke Luft in der Landeshauptstadt. Dieses Mal ganz real. Der OB und seine CDU treiben im Südosten der Stadt ein Projekt voran, das die miesen Luftwerte der Rheinmetropole weiter verschlechtern könnte. Das befürchtet die Bürgerinitiative „Keine Stadtautobahn“ wenn, wie geplant, die 62 Millionen Euro teure Asphalt-Piste L 404 den Südosten der Landeshauptstadt mit der Innenstadt verbindet. Nach Vorstellungen von CDU und FDP im Düsseldorfer Rat soll das schnell passieren. „Mit Vorrang“, so heißt es in einer Arbeitsbilanz der CDU-Verkehrspolitiker, solle das Projekt fortentwickelt werden. Nach den Plänen der Ratsmehrheit wird das Naherholungsgebiet Unterbacher See künftig durchgehend vierspurig über die Düsselauen mit der Innenstadt verbunden. „Damit entsteht faktisch ein östlicher Zubringer“, kritisiert die BI. Verkehr, der über die Autobahnen 3 und 46 in Richtung Düsseldorf wolle, könne dann schon ab Erkrath anstatt wie bisher über die B7 oder das Kreuz Düsseldorf-Süd durch das Biotop in die City geleitet werden.

„Das zerstört das Naherholungsgebiet, sorgt für mehr Lärm und belastet die Umwelt“, schimpft Gerd Großberndt, einer der BI-Sprecher. Krach und Gestank im Bereich des Unterbacher Sees und in den Wohngebieten entlang der Trasse wären das Problem der Bewohner in den Außenbezirken der Stadt. Aber auch die „Innenstädter“ wären betroffen, mahnt die Bürgerinitiative. „Die Trasse würde die einzige Frischluftschneise für einige Innenstadt-Stadtteile durchschneiden“, erklärt BI-Klimaexperte Martin Sill. Denn die Asphaltbahn würde nicht nur auf dem Damm entlang der Düsselauen verlaufen, sondern wäre auch von einer fünf Meter hohen Lärmschutzwand umgeben. So eine hohe Betonmauer würde die Luft wohl so aufhalten, dass einige Stadtteile im eigenen Mief sitzen blieben. Die Bürgerinitiative rechnet zudem damit, dass eine durchgehend vierspurige Piste in die City das Verkehrsaufkommen auf mindestens 24.000 Fahrzeuge – andere Schätzungen gehen von bis zu 50.000 Fahrzeugen aus – in die Höhe treiben würde. „Damit steigt die Schadstoffbelastung und über die Luftströmungen treibt man den Mist in die Atemluft der Innenstadt“, lacht Martin Sill zynisch.

Ein Papier der Stadt Düsseldorf aus dem Jahr 1996 gibt ihm Recht. Mit Blick auf Messungen der Kaltlufteinströmungen an den Düsselauen heißt es in der „Klimaanalyse Düsseldorf“: „Diese Zone sollte nicht weiter bebaut werden, damit Kaltluft möglichst tief in das Stadtgebiet eindringen kann.“ Der Plan wurde seinerzeit von allen Ratsfraktionen verabschiedet. Mit dem Abrücken von diesem Beschluss dürfte sich Düsseldorf Ärger aus der EU einhandeln. Seit Anfang des Jahres können Bürger klagen, wenn in ihren Stadtteilen festgelegte Luftwerte nicht eingehalten werden. Schon jetzt werden in der Düsseldorfer Innenstadt die Höchstwerte für Stickoxide pro Kubikmeter Luft immer wieder überschritten.

„Die Situation hat sich weiter verschärft“, musste Umweltamtsleiter Werner Görtz einräumen. Hauptverursacher ist der Straßenverkehr. Trotzdem fährt OB Erwin seit seinem Amtsantritt eine „Auto-Zuerst-Strategie“. Seine Pläne, die Luftbelastung durch eine flüssigere Verkehrsführung zu entschärfen, haben bisher kaum Erfolg gezeigt. Mit der geplanten L404 – die Fertigstellung ist für etwa 2015 geplant – könnte sich die Lage weiter verschärfen. „Wenn die Innenstadt von Frischluft abgeschnitten wird, steigt die Belastung automatisch“, so die Bürgerinitiative.

SVEN PRANGE