: Auf Sparflamme
Die freien Fernsehproduzenten fühlen sich zu Unrecht vom WDR gemolken. Doch der ist vom Gebührenausfall geplagt und muss weiter Kosten senken
AUS KÖLN PETER HANEMANN
Eine Woche lang beschimpften sich im Januar die NRW-Landesregierung und der WDR wie die Kesselflicker. Die Tonlage hatte die parteilose NRW-Medienstaatssekretärin Miriam Meckel vorgegeben, als sie dem WDR im Interview mit dem Kölner Stadtanzeiger vorwarf, er würde freie Fernsehproduzenten zu „Knebelverträgen“ zwingen, „die ihnen kaum Luft zum atmen lassen“. Der einstmals „rote“ WDR reagierte sauer auf die Anmache der rot-grünen Landesregierung – so sauer, dass Intendant Fritz Pleitgen bei der Vorstellung des WDR-Haushaltes 2005 den Bayerischen Rundfunk über den grünen Klee lobte. Der habe nämlich seine Landesregierung noch hinter sich.
Hintergrund des schon länger schwelenden Konflikts sind Strukturreformen, die die Ministerpräsidenten vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk einfordern. Der WDR (4.414 Stellen) reagiert mit dem Abbau von Doppelstrukturen und 200 Planstellen bis 2008. Diese Anstrengungen sieht die Anstalt allerdings von der Landesregierung nicht gebührend gewürdigt. Stattdessen hat NRW-Ministerpräsident Peer Steinbrück zusammen mit seinem bayerischen Kollegen Edmund Stoiber die Kürzung der anstehenden Gebührenerhöhung von 1,09 Euro auf 88 Cent vorangetrieben. Nun fehlen dem WDR in seiner Etatplanung bis 2008 knapp 108 Millionen Euro, in diesem Jahr 57 Millionen. „Wir sparen zuletzt am Programm“, beteuert Pleitgen.
Johannes Kreile, geschäftsführender Justiziar des Bundesverbandes Deutscher Fernsehproduzenten (BDF), sieht das anders: „Das Programm ist die einzige Position, wo kurzfristig Eingriffe möglich sind.“ Tatsächlich hatte WDR-Fernsehdirektor Ulrich Deppendorf noch im Dezember „deutliche Kostenreduktionen“ im Programm verkündet. So sei etwa bei der „Lindenstraße“ eine dreijährige Nullrunde verhandelt worden. Für seine „Tatorte“ bezahlt der WDR schon länger 10 Prozent weniger. Dennoch kann Deppendorf feststellen, dass noch kein Projekt gestrichen wurde – eben weil der WDR den Produzenten geringere Herstellungskosten in die Verträge schreibt.
Rafaela Wilde, Geschäftsführerin des Film- und Fernseh-Produzentenverbandes NRW, kritisiert der WDR würde „seine wirtschaftliche Stärke oft zum Nachteil der Produzenten“ nutzen und „Bedingungen durchsetzen, die in einem Kräftespiel gleichberechtigter Partner nicht durchsetzbar wären“. Nichtsdestotrotz hält es Wilde für notwendig, weiter an einem Konsens zu arbeiten. Immerhin verhandelt der BDF seit kurzem auf Bundesebene mit der ARD. Zu den BDF-Forderungen an die Sender zählen dabei etwa die Anerkennung von 10 Prozent Gewinnmarge bei TV-Movies, Zahlungen angemessener Wiederholungshonorare und Rechteübertragungen, die zeitlich und örtlich beschränkt bleiben und den Produzenten ermöglichen, eigenes Programmvermögen zu bilden.
Ein besonderes Problem bei der Vertragsgestaltung sind dabei die versteckten Kosten. So klagen Produzenten über die Weigerung der Öffentlich-Rechtlichen, ihnen Leistungen zu bezahlen, die ihre eigenen Redaktionen in der gemeinsamen Projektplanung für unverzichtbar halten. Zur Debatte stehen etwa Entwicklungskosten oder übertarifliche Honorare für Stars. Stattdessen setzen die Anstalten den Preis für Fernsehfilme auf Obergrenzen fest – etwa der WDR auf 1,3 Millionen Euro. Georg Feil, Geschäftsführer der Colonia Media („Schimanski“) und stellvertretender BDF-Vorsitzender, reagiert mit Galgenhumor: „Wenn die Öffentlich-Rechtlichen die realen Kosten nicht mehr bezahlen können, können wir nur realisieren, was bezahlt wird.“