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Archiv-Artikel

Pharma-Fusion mit politischen Folgen

Da können die Bundesgesundheitsministerin und die Verbraucher noch so viel Kostensenkung betreiben: Nach der Übernahme der Arzneimittelfirma Hexal durch den Schweizer Konzern Novartis dürften Nachahmerprodukte deutlich teurer werden

VON SASCHA TEGTMEIER

Preiswerte Medikamente könnten bald teurer werden. Gestern hat der Schweizer Pharmakonzern Novartis den zweitgrößten Hersteller so genannter Nachahmerpräparate in Deutschland, Hexal, für den Preis von 5,65 Milliarden Euro übernommen. Nachahmerpräparate sind billigere Varianten von Originalmedikamenten, deren Patentschutz abgelaufen ist. Zeitgleich hat Novartis zudem 67,7 Prozent des amerikanischen Pharmaunternehmens Eon-Labs aufgekauft. Nach eigenen Angaben ist Novartis nun weltweit führend bei Nachahmerprodukten, auch „Generika“ genannt.

„Das ist ein wichtiger Schub für die Monopolisierung des deutschen Generikamarktes“, sagte der Regierungsberater Karl Lauterbach der taz. Dadurch könnten die Medikamente „spürbar“ teurer werden. Und das „schon bald“, so Lauterbach.

Ohnehin liegen in Deutschland die Preise für Nachahmerprodukte deutlich über dem europäischen Durchschnitt. Nach einer Untersuchung des internationalen Marktforschungsinstituts IMS Health sind die Preise für Generika hierzulande durchschnittlich 56 Prozent höher als in Großbritannien – dem anderen großen Markt für Nachahmerpräparate in Europa. Grund dafür ist der Mangel an Wettbewerb. Drei Unternehmen teilen sich den deutschen Markt auf: Stada, Ratiopharm und eben Hexal. „Diese Tendenz wird durch die Übernahme noch verstärkt“, sagte Lauterbach.

Steigen die Preise für Generika tatsächlich, hebelt das die Maßnahmen der Gesundheitsreform zur Kosteneinsparung aus. Denn auch Praxisgebühr und Verpflichtung auf Generika nützen nichts, wenn die Pharmaindustrie an der Preisschraube dreht. Auch ohne die eventuelle Preissteigerung der nachgeahmten Produkte, steht jetzt schon fest: Im Laufe des Jahres 2005 steigen die Arzneimittelkosten, die auf die Krankenkassen zukommen, um 13 Prozent.

Dabei könnte die Gewinnspanne von Novartis wesentlich größer werden. Denn von Kostensynergien erhoffen sich die Unternehmer jährliche Einsparungen von 200 Millionen Dollar, so Novartis-Finanzchef Raymond Breu. Das dürfte jedoch vor allem bedeuten, dass in Entwicklung, Marketing und Vertrieb Stellen abgebaut werden.

Erfreulich sind die Übernahmen von Hexal dagegen für die beiden Besitzer Andreas und Thomas Strüngmann. Sie bekommen die stattliche Summe von 5,65 Milliarden Euro in bar von Novartis überwiesen.

Novartis’ Ausdehnung zeigt zudem eine Tendenz der deutschen Pharmaindustrie: die Innovationslosigkeit. „Die wissen, dass sie keine Innovation bringen, deshalb müssen sie den Markt nun anders besetzen“, sagte der Pharmakologe Peter Schönhöfer der taz.

Bei der Übernahme von Hexal wird es voraussichtlich nicht bleiben. Auch der Konkurrent Stada ist bereits im Gespräch, aufgekauft zu werden. So profitierte Stada gestern bereits von dem Zeichen, dass die Hexal-Übernahme gesetzt hat: Die Aktien stiegen um fast 8 Prozent.