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Archiv-Artikel

Männer im Hintergrund

FÜHRUNGSFIGUREN Vom Befehlshaber der Revolutionsgarde zum Parlamentspräsidenten – ein Überblick

Berlin taz | Die Hauptakteure im derzeitigen Machtkampf im Iran sind bekannt: zum einen der Wahlsieger Mahmud Ahmadinedschad, früher Kommandant einer Einheit der Revolutionsgarde, zum Zweiten der Verlierer Mir Hossein Mussawi, der frühere Premierminister, hinter den sich jetzt die Opposition schart, und schließlich der Revolutionsführer Ali Chamenei, der vorzeitig das Ergebnis der Präsidentschaftswahl verkündet und am vergangenen Freitag den Protestierenden drohte. Neben diesen drei Politikern und dem ehemaligen Präsidenten Ali Akbar Haschemi Rafsandschani (siehe oben) gibt es eine ganze Reihe weiterer einflussreicher Figuren.

Im Regierungslager ist dies unter anderem Mohammed Ali Dschafari, der Kommandant der Revolutionsgarde (Pasdaran), aus deren Reihen zahlreiche Minister Ahmadinedschads stammen. Dschafari, 1957 in Jasd geboren, zog zu Beginn des iranisch-irakischen Krieges (1980–1988) als Freiwilliger in den Kampf und diente sich dann in der Revolutionsgarde hoch. Er hat Ingenieurswesen studiert und an der Universität der Revolutionsgarde unterrichtet, ehe er zum Leiter eines Zentrums für Strategische Forschung ernannt wurde. Dschafari gilt als Experte für „asymmetrische Kriegsführung“.

Ein überzeugter Anhänger Ahmadinedschads ist auch Mohammed Taqi Mesbah Jasdi, der geistige Mentor des Präsidenten. Er unterstützte ihn bereits im Wahlkampf 2005 und ist seither der Meinung, dass der Iran jetzt seine erste wirklich islamische Regierung habe und Wahlen nicht mehr notwendig seien. Jasdi beharrt auf einer buchstabengetreuen Auslegung des Korans und gilt als scharfer Gegner des Westens. Der 1934 in Jasd geborene religiöse Hardliner lehnt jedwede noch so gemäßigten Reformen ab. Er soll zahlreiche Anhänger unter den Revolutionsgardisten und der Freiwilligenmiliz haben, unter den Geistlichen in Qom ist er mit seinen Positionen aber in der Minderheit. Er unterstützt Selbstmordanschläge gegen Israelis und hält den Einsatz von Atomwaffen für religiös gerechtfertigt. Der ehemalige Präsident Chatami hat ihn einmal als „Theoretiker der Gewalt“ bezeichnet.

Im Lager der Opposition ist der ehemalige Präsident und Reformer Mohammed Chatami ein wichtiger Mitspieler. Er stellte sich hinter die Demonstranten, die eine Annullierung der Wahlen fordern, und warnte davor, dass Sicherheitskräfte und Militär die Macht im Land übernehmen könnten. Der Geistliche wurde 1943 in Ardakan in der Provinz Jasd geboren. Neben seiner religiösen Ausbildung hat er auch einen Abschluss in Erziehungswissenschaften. Während seiner Präsidentschaft von 1997 bis 2005 wurde seine vorsichtige Politik der Reformen im Rahmen des bestehenden Systems durch die Konservativen durch die Ablehnung von Gesetzen oder die Verhaftung von Mitarbeitern stark behindert.

Zwischen den Lagern steht Parlamentspräsident Ali Laridschani. Er kritisierte mehrfach die Politik Ahmadinedschads; nach den Wahlen griff er auch den Wächterrat direkt an. Zugleich machte er aber Front gegen Großbritannien, Deutschland und Frankreich. Laridschani wurde 1958 im irakischen Nadschaf geboren, studierte Informatik, Mathematik und Philosophie und hat Bücher über Immanuel Kant veröffentlicht. Der ehemalige Revolutionsgardist wurde unter Präsident Rafsandschani „Minister für Kultur und islamische Führung“, dann Leiter des staatlichen Rundfunks und Sicherheitsberater von Chamenei. Als Kandidat des konservativen Lagers scheiterte er 2005 bei der Präsidentschaftswahl. Von 2005 bis 2007 ernannte ihn Ahmadinedschad zum Chefunterhändler im Streit über das Atomprogramm. BEATE SEEL