: „Unser Friedensprozess ist unumkehrbar“
ELFENBEINKÜSTE Der einstige Rebellenführer und heutige Premierminister Guillaume Soro erklärt, warum das ehemalige westafrikanische Bürgerkriegsland dieses Jahr erstmals freie Wahlen erleben wird
■ 37 Jahre alt, seit 4. April 2007 Premierminister der Elfenbeinküste, davor Generalsekretär der Rebellen im Norden des Lands.
taz: Herr Soro, nach jahrelangen Verschiebungen hat die Elfenbeinküste nun endlich den 29. November als Wahltermin festgelegt. Wird diese Wahl, die erste seit neun Jahren, stattfinden?
Guillaume Soro: Ja. Unser Friedensprozess ist unumkehrbar, weil er von den ivorischen Akteuren selbst getragen wird. Die Wahlvorbereitung ist fast abgeschlossen, die Wiedervereinigung des Landes ist Realität. Letztes Jahr mussten wir die Wahlen verschieben, weil es nur 100.000 registrierte Wähler gab. Diesmal sind schon 6 Millionen Wähler registriert. Am 30. Juni endet die Wählerregistrierung; die endgültigen Listen werden im August veröffentlicht, und dann gibt es noch einen Monat für mögliche Anfechtungen.
Bisher wurde jede Wahl in der Elfenbeinküste wegen Nichtzulassung mancher Kandidaten entweder von wichtigen Kräften boykottiert oder nicht anerkannt. Sind Sie sicher, dass dieses Mal alle mitmachen?
Es haben doch schon alle den Wahlen zugestimmt! Sie machen alle schon Wahlkampf. Ouattara [von den letzten Wahlen 2000 wegen „zweifelhafter Nationalität“ ausgeschlossener Oppositionsführer, d. Red.] hat einen Wahlkampfmanager, Bédié [1999 gestürzter ehemaliger Präsident] auch, Präsident Laurent Gbagbo [seit den Wahlen 2000 Staatschef] hat schon über 100 Wahlkampfdirektoren ernannt. Es stellt sich nur die Frage, ob sie das Ergebnis anfechten. Aber in der Elfenbeinküste wird es die unabhängige Wahlkommission sein, die die Ergebnisse herausgibt, und die UNO muss diese Ergebnisse bestätigen. Wenn die UNO ihr Urteil abgegeben hat, hat niemand mehr einen Grund zur Anfechtung. In vielen Ländern wirft man der Wahlkommission Parteilichkeit vor. Aber unsere Wahlkommission wird von jemandem geleitet, den die Opposition vorgeschlagen hat!
Die Frage der ivorischen Nationalität, die die Elfenbeinküste seit den 90er-Jahren spaltet und ein Grund des Bürgerkrieges war, ist also auch geregelt?
Sie ist geregelt. Ouattara tritt zur Wahl an, und früher drehte sich diese Debatte immer um ihn! Die Aufenthaltsgenehmigung für Einwohner aus anderen westafrikanischen Ländern ist abgeschafft worden, jetzt kann jeder mit seinem Personalausweis überall hin. Die Nationalitätenfrage ist nicht mehr das Problem, das es einmal war. Sehen Sie: Als ich 2007 im Rahmen des Friedensvertrags von Ouagadougou Premierminister wurde, glaubte niemand, dass das länger als drei Monate gutgeht. Aber ich bin da! Als wir mit der Wählerregistrierung begannen, sagten alle: Das wird nie klappen. Aber es hat geklappt! Man muss aufhören, in Afrika immer nur die Dinge zu sehen, die nicht funktionieren.
Treten Sie zur Präsidentschaftswahl an?
Nein. Ich bin Premierminister, und in dieser Funktion bin ich Schiedsrichter über die anderen. Laut dem Friedensabkommen von Ouagadougou ist der Premierminister für dessen Umsetzung verantwortlich. Der Präsident ist einfach da, so wie in Deutschland.
Werden Sie also Premierminister bleiben?
■ 1999 Nach fast 40 Jahren Zivilherrschaft, zuletzt unter Präsident Henri Konan Bédié, putscht in der Elfenbeinküste das Militär.
■ 2000 Juntachef Robert Guei verliert Wahlen gegen Sozialistenführer Laurent Gbagbo. Der liberale Oppositionsführer Alassane Ouattara darf nicht antreten.
■ 2002 Wegen Diskriminierung gegen Teile der Bevölkerung rebellieren Teile der Armee und übernehmen die Kontrolle über die Nordhälfte des Landes. Der frühere Studentenanführer Guillaume Soro wird ihr politischer Chef.
■ 2007 Friedensabkommen macht Soro zum Premierminister. Wiedervereinigung beginnt.
Der neugewählte Präsident ernennt seinen Premierminister. Ich reiche nach der Wahl meinen Rücktritt ein.
Und die von Ihnen geführten Exrebellen der Forces Nouvelles (FN)? Werden sie zu einer normalen politischen Partei?
Vor den Wahlen können sie sich nicht in eine Partei verwandeln. Danach sind die FN-Kader politisch und ideologisch frei, zu tun, was sie wollen.INTERVIEW: DOMINIC JOHNSON