piwik no script img

Archiv-Artikel

Deutsche Wirtschaft schrumpft stärker als erwartet

KONJUNKTUR OECD erwartet Anstieg der Arbeitslosenquote auf fast 12 Prozent. Insolvenzverwalter warnen vor größter Pleitewelle der Nachkriegszeit. Rezession könnte erst im kommenden Jahr enden

PARIS ap/dpa | Die Aussichten für die deutsche Wirtschaft sind laut OECD in den vergangenen Monaten noch düsterer geworden. Für das laufende Jahr prognostiziert die Organisation für Wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit (OECD) einen Einbruch um 6,1 Prozent, das ist knapp ein Punkt mehr als im März. Zwar sei für das kommende Jahr weiterhin ein Ende der Rezession in Sicht. Die Arbeitslosenquote werde sich aber der 12-Prozent-Marke nähern, heißt es in dem am Mittwoch in Paris vorgelegten neuen Wirtschaftsausblick.

Auch für die Eurozone korrigierte die OECD ihre Prognose auf minus 4,8 Prozent noch einmal deutlich nach unten. Die USA könnten die Europäer damit abhängen: Die wichtigste Volkswirtschaft der Welt werde die Talsohle schon im dritten Quartal erreichen. Gegenüber einer Stagnation für 2010, wie noch vor drei Monaten erwartet, rechnet die OECD nun mit einem Wachstum von 0,9 Prozent in den USA.

„Dank entschlossener Maßnahmen zur Stimulierung der Wirtschaft sind uns die schlimmsten Auswirkungen der Krise erspart geblieben“, gab sich OECD-Generalsekretär Angel Gurría verhalten optimistisch.

Auch wenn die Wirtschaftstätigkeit in Deutschland im gesamten Jahr weiter sinken werde, sieht der OECD-Chef auch hier einen schmalen Silberstreif am Horizont. 2010 sei ein Wachstum von 0,2 Prozent realistisch.

Im verarbeitenden Gewerbe sei ein Auftragsplus zu verzeichnen, und der Rückgang der Produktion bremse ab, begründen die Forscher ihre Prognose. Außerdem habe die kürzlich in Berlin beschlossene Aufstockung der Auto-Abwrackprämie um 3,5 Milliarden Euro den privaten Konsum gestützt.

Dessen ungeachtet werde die Arbeitslosigkeit „erheblich steigen“, im nächsten Jahr auf eine Quote „von nahezu 12 Prozent“. Derzeit greifen noch Maßnahmen wie Kurzarbeit, die aber ausliefen und Entlassungen nicht verhindern könnten. Ein Einbruch der Industrie-Investitionen in Maschinen und Ausrüstung um 17,3 Prozent im laufenden Jahr macht deutlich, wie düster die Stimmung ist.

Zudem steht die deutsche Wirtschaft offenbar vor der größten Pleitewelle der Nachkriegszeit. Nach einer am Mittwoch veröffentlichten Umfrage des Kreditversicherers Euler Hermes und des Zentrums für Insolvenz und Sanierung an der Uni Mannheim erwarten fast zwei Drittel der Insolvenzverwalter, dass der bisherige Höchstwert von 39.320 Firmenpleiten im Jahr 2003 in der Krise etwas oder deutlich überschritten wird. Rund ein Drittel der Insolvenzen sei auf die Krise zurückzuführen.