: Keine Einigung beim Hochwasserschutz
Die rot-grüne Bundesregierung bedrängt die abtrünnigen Parteifreunde in Rheinland-Pfalz. Abermalige Verhandlung über das Gesetz zum Hochwasserschutz soll die Blockadefront aufbrechen. Die SPD-FDP-Regierung in Mainz stellt sich stur
VON NICK REIMER
Das klingt schon trutzig: „Wir werden weiter verhandeln. Trotzdem.“ Das erklärt Michael Müller, SPD-Fraktionsvize und Verhandlungsführer im Streit um das Hochwasserschutzgesetz. In der vergangenen Woche war das Thema von der Liste des Bundesrates genommen worden – der Regierungsentwurf damit praktisch tot. Verhindert hat das rot-grüne Bundesgesetz auch das SPD-FDP-regierte Rheinland-Pfalz.
Das ist eine Schlappe für die rot-grünen Hochwassergewinner der Bundestagswahl 2002. Die Union hatte seinerzeit versäumt, Umweltkompetenz in ihrem Schattenkabinett nachzuweisen und verlor die sicher geglaubte Wahl. Jetzt streiten sich die Rot-Grünen, denen die Wähler einst mehr Kompetenz zutrauten. Der Streitpunkt heißt „HQ-100“: Der rot-grüne Regierungsentwurf will in jenen Gebieten, die – statistisch – einmal in 100 Jahren überschwemmt werden, Bauen verbieten und der Landwirtschaft strenge Regeln verordnen. Rheinland-Pfalz wehrt sich gegen den ersten Punkt, Brandenburg gegen den zweiten. Die unionsgeführten Länder opponieren aus Prinzip. An der so zustande gekommenen Zweidrittelmehrheit im Bundesrat prallte das Gesetz ab.
„Rot-Grün wurde 2002 auch wegen seiner Versprechungen zur Hochwasservorsorge wiedergewählt. Die gilt es jetzt einzulösen“, sagt der grüne Fraktionsvize Reinhard Loske gegenüber der taz. Ein scheiterndes Gesetzes wäre nicht nur fatal für die an den Flüssen lebenden Menschen, „sondern auch für die Bundesregierung und ihren Kanzler“.
Landwirten bringt das Gesetz „erhebliche Einschränkungen und Einkommensverluste“, sagt dagegen der Pfälzer Bundestagsabgeordnete Ralf Göbel (CDU). Derartige Bedenken sind auch in der brandenburgischen SPD-CDU-Landesregierung en vogue. „Auf ein Hochwasser wie 1997 oder 2002 ist Brandenburg immer noch nicht vorbereitet“, erklärt Burkhard Voß, Chef des Umweltverbandes BUND von Brandenburg. Jetzt will Brandenburgs Regierungschef Matthias Platzeck (SPD) seine Gegenwehr aber offenbar aufgeben.
Bleibt Rheinland-Pfalz. „Wer in den Flussauen neue Siedlungen und Gewerbegebiete zulässt, produziert die Hochwasserschäden von morgen“, so Loske. Wenn das nächste Hochwasser vor Ende März komme, „muss sich Ministerpräsident Kurt Beck die Frage gefallen lassen, warum er das Gesetz verschleppt hat“. Andernfalls hat er noch eine Chance: Mitte März versucht eine Arbeitsgruppe des Bundesrats-Vermittlungssausschusses das Gesetz wiederzubeleben. Allerdings will die Regierung keine weiteren Kompromisse machen. Loske, der Co-Chef dieses Ausschusses ist: „Für uns ist entscheidend, dass das Hochwasserschutzgesetz besser ist als jedes Landeswassergesetz.“