: Sachbücher für Soldaten des Jahres
Erstmals in seiner Geschichte hat der Verteidigungsausschuss des Bundestages eine Soldatenehrung vollzogen. Statt eines Ordens bekamen die Vorzeige-Uniformierten zum Dank eine Lektion im Parlamentarismus – und ein Buch
BERLIN taz ■ Obermaat Marcel Altermann steht stramm. Die Uniform in Marineblau sitzt akurat, die Hände hat er auf dem Rücken gefaltet. Er ist der Erste von fünfzehn Marinesoldaten und -soldatinnen, die der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Reinhold Robbe, gestern persönlich für ihre Auslandseinsätze ehrte – für die „Erfüllung eines schwierigen, mit Risiken an Leib und Leben verbundenen Dienstes“, wie Robbe sagte. Die Geehrten waren am Kap von Afrika oder auf dem Mittelmeer, wie Obermaat Altermann. Doch einen Orden spendiert der Bundestag ihnen dafür nicht.
Robbe überreicht den Soldaten stattdessen das Buch „Dem Deutschen Volke“. Mit persönlicher Widmung. Altermann und seine Kameraden dürfen nun die Geschichte des Reichtstages nachlesen zum Dank für ihren Einsatz.
Es ist das erste Mal in der Geschichte der Bundeswehr, dass der Verteidigungsausschuss Soldaten und Soldatinnen ehrt. Die Ehrung der Marinesoldaten ist dabei Teil drei einer Auszeichnungsserie. Sanitätssoldaten und Heeressoldaten haben bereits ihre Sachbücher bekommen.
Vermutlich haben sie sich auch eine ähnliche Laudatio des Vorsitzenden Robbe angehört. Er erklärt die veränderte Rolle der Bundeswehr. „Heute ist der Auslandseinsatz die Regel“, sagt er und führt den berühmten „Staatsbürger in Uniform“ ins Feld, der in der Welt unterwegs sein soll – von Enduring Freedom bis zur Tsunami-Katastrophenhilfe.
Die Soldaten hätten sich insgeheim womöglich doch eher eine Medaille gewünscht. Vielleicht ist es die Nüchternheit des Saals 2900 im Bundestagsgebäude „Paul-Löbe-Haus“. Feierlichkeit oder Rührung ist bei niemandem zu spüren – da hilft es auch nicht, dass vor dem Fenster die Deutschlandflaggen des Reichtstags im Schneesturm flattern.
Die Bundeswehr sei eine „Parlamentsarmee“, erklärt Robbe den Uniformierten. Daher sollten die Truppen „da draußen“ wissen, wie anerkannt sie hier drinnen sind – im Verteidigungsausschuss.
Die Zeremonie wirkt, als hätte eine Beraterfirma dem Ausschuss eine Aktion zur SoldatInnen-Motivation empfohlen. Altermann und seine KameradInnen – die „Mitarbeiter des Jahres“ der Bundeswehr.
So ist es, wenn sich das zivile Deutschland an Heldenehrungen versucht. Ausschussmitglied Helga Daub von der FDP formuliert ihre Zweifel zaghaft: „Mit Orden haben wir’s ja nicht so“, sagt sie. Die würden ohnehin „viel zu inflationär“ verteilt.
Immerhin weiß Obermaat Altermann mit einer Bescheidenheit auf die Ehrung zu reagieren, als sei er mit den Kollegen von der US-Marine im Manöver gewesen. „Ich habe doch nur meinen Job gemacht“, sagt er. „Teil des Ganzen“ sei er nur gewesen. Mehr nicht. SASCHA TEGTMEIER