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Archiv-Artikel

„Der Vorstand muss ausgewechselt werden“

Peter von Blomberg, stellvertretender Vorsitzender der Antikorruptionsorganisation Transparency International aus Köln, über Angestellte, die mit Millionen hantieren, gute Kontakte in den Landesfirmen und rotierende Vorstände

taz: Herr Blomberg, die LEG steht wieder unter Korruptionsverdacht. Sind Landesfirmen besonders anfällig für den faulen Handel?

Von Blomberg: Nein, das hätte genauso gut Firma xy sein können. Die LEG hat klassisch wirtschaftlich gehandelt und das tun Landestöchter immer. Prima vista sind alle Unternehmen gleich gefährdet, entscheidend ist das Geldvolumen. Dort, wo viel Geld fließt, werden die Menschen schwach. Das ist im Baugewerbe so, bei Verkehrsbetrieben, im Schulbau.

Die LEG arbeitet ja mit der Baubranche, ist das also eine Erklärung?

Das ist ein Faktor: Der Baubranche geht es schlecht, der Kampf um den Kuchen ist da besonders schlimm. Deswegen ist dort oft jedes Mittel recht.

Die LEG als eines der größten Immobilienunternehmen ist aber doch besonders gefährdet – sie ist theoretisch Geber und Nehmer von Schmiergeldern.

Ja, dort entscheiden Angestellte über Millionen. Vielleicht sind dort die Kontakte noch besser als in anderen Branchen. Das ist aber nicht entscheidend. Es ist gleichgültig, ob der Bund Autobahnen bauen lässt oder eine private Immobiliengesellschaft Siedlungen hochzieht, die Frage bleibt am einzelnen Menschen hängen: Wer lässt sich einwickeln?

Und, wer tut`s? Vielleicht doch eher die Angestellten mit niedrigem Gehalt?

Nein, das ist eine psychologische Frage und hat nicht per sé etwas mit dem Gehalt zu tun. Fast jeder und jede ist korrumpierbar, da kann das Konto noch so dick sein. Einzig und allein die Strukturen müssen verändert werden.

Die Landestöchter haben ja, anders als private Firmen, strenge Richtlinien.

Die gibt es haufenweise, aber nur auf dem Papier. Korruption kann nicht durch ein paar Vorschriften eingedämmt werden, das ist echte Chefsache: Sie müssen die MitarbeiterInnen immer wieder schulen, unzählige Gespräche führen und alles zweifach kontrollieren. Keine wichtige Entscheidung darf unter vier Augen fallen. Jeder muss sich fürchten.

Ist Furcht nicht das falsche Mittel, um Mitarbeiter an den Firmenkodex zu binden?

Die falsche Sicherheit in den Behörden ist das Schlimmste. Sie gefährdet alle Mitarbeiter. Korruption ist ja kein Schwarz-Weiß-Phänomen, da werden Menschen langsam angefüttert, bis sie gar nicht mehr mitkriegen, was da für ein krummes Ding läuft.

Offenbar liefen die Geschäfte aber in den Chefetagen ab, die wussten, was sie taten.

Deshalb plädieren wir dafür, wichtige Posten rotieren zu lassen. Der Vorstand muss alle paar Jahre ausgewechselt werden.

INTERVIEW: ANNIKA JOERES