Kleinkarierte Terz

betr.: „Mir wäre es lieb, wenn Joschka Fischer bald aussagt“, Interview mit Bärbel Höhn, „Weder Gewalt noch List erforderlich“, Interview mit Annette Herz, „Schwarzer Angriff“, taz vom 22. 2. 05

Gänzlich wütend reagiere ich auf euren Singsang im Mitmach gegen Fischer. Ahnt ihr denn nichts im unendlichen Wahlkampf? Gerade in NRW geht es um die Lebenserhaltung des einzigen verbliebenen Großprojektes namens Rot-Grün. Wenn dies zu Grabe getragen wird, droht uns nichts weniger als dieser allzeit bereite Rütgers mit seiner jetzt schon schlaffen Ib-Ware. Es steht zu viel auf dem Spiel, um hier einmal einem Großen eins auszuwischen.

HARALD SOLMSEN, Wachtendonk

Liebe Nachbarn in Deutschland, wird da in der Visa-Affäre nicht ein bisschen übertrieben?

Im Münchner Merkur las ich: „Zwangsprostitution, Schleuser-Kriminalität, Massenmissbrauch leichtfertig gewährter Einreise-Visa …“ Und Frau Merkel setzt diesem noch eins drauf, indem sie die Vergabe von Gruppenvisa, z. B. für Busreisen, als „organisierte Sklaverei“ bezeichnet. Erstens ist mir unklar, warum die erleichterte Möglichkeit, legal an ein Visum zu kommen, ausgerechnet die Schleuserei und die Zwangsprostitution steigern sollte – das Gegenteil, sollte man meinen, wäre der Fall: Wer braucht denn einen Schleuser, wenn er sich einfach ein Visum holen kann und eine Fahrkarte, um zu kommen. Zweitens: angesichts von 250.000 erteilten Visa pro Jahr scheint die überwiegende Mehrzahl der Ukrainer wohl eher als Touristen nach Deutschland zu fahren. Noch vor wenigen Wochen jubelten die deutschen Medien dem tapferen Volk der Ukraine aufgrund der „orangefarbenen Revolution“ zu – und jetzt sind alle diese Menschen plötzlich Kriminelle? Das ist doch nicht ernst gemeint, oder? STEFAN TRAPP, Horsholm, Dänemark

betr.: „Die Jäger von Joschka Fischer sehen nur Erfolg“, „Koch wünscht mehr Visa für China“, taz vom 21. 2. 05

Wenn sich die angeblich christlichen Demokraten so sehr über die Zwangsprostitution in Deutschland aufregen, sollen sie doch einfach nicht mehr in den Puff gehen. Dann wäre das Problem über Nacht zu 90 Prozent gelöst. INGO RENNERT, Müden/Aller

Würde es solche Instrumente der Außenpolitik, wie den Volmer-Erlass, der die Visa-Vergabe im Zweifel für die Reisefreiheit regelte, nicht geben, hätten die westlichen, demokratischen Gesellschaften nicht den guten Ruf der Liberalität, was ja letztendlich in der Ukraine bei über der Hälfte der wahlberechtigten Bevölkerung zu einem pro-westlichen Wahlverhalten bei der Präsidentenwahl geführt hat und zu einer zukünftigen Öffnung des Landes führen dürfte. Was solche außenpolitischen „Winkelzüge“ aber z. B. für Russland und deren befreundete Autokratien bedeuten, steht auf einem anderen Blatt … ganz zu schweigen von der kleinkarierten Terz der Innenpolitiker zu Hause und der Union, wo es nur um Revierstreitigkeiten und Kompetenzgerangel bzw. politische Diffamierung gehen dürfte, sogar schon bis auf EU-Ebene. MICHAEL ABEL, München