Daumen hoch für Schorschi

Beim Team-Wettbewerb von der Großschanze wollen die gerade rechtzeitig in Form gekommenen Skispringer des DSV heute noch einmal auftrumpfen – allen voran der Oberstdorfer Georg Späth

AUS OBERSTDORFKATHRIN ZEILMANN

Wenn man als begabter Sportler ein Großereignis in seinem Heimatort absolvieren darf, muss man vielseitig sein. Georg Späth sollte im Vorfeld und dann natürlich auch bei der Nordischen Ski-WM in Oberstdorf nicht nur gut Ski springen, sondern hatte auch noch allerlei andere Verpflichtungen: Sponsoren froh machen, Aushängeschild spielen und dabei immer lächeln. Als sich andeutete, dass seine Sprünge besser wurden, und er vom hoffnungsvollen Nachwuchstalent zum Spitzenspringer wurde, ernannte ihn sein Heimatort Oberstdorf flugs zum WM-Botschafter. Im Sommer hat er auf einem Kreuzfahrtschiff bei einem Werbespot für die WM mitwirken dürfen, im Januar war er dann in München in der Staatskanzlei zu Gast. Inmitten der bayerischen Ministerriege, angeführt vom frohgemuten Ministerpräsidenten Stoiber, hat Späth ein wenig über die Vorfreude auf die WM gesprochen, hat sich fotografieren lassen und viele Interviews gegeben, in denen er Sätze sagte wie „Ja, ich freue mich wirklich sehr darauf“, oder „Ich denke schon, dass wir eine Medaille gewinnen können“.

Bundestrainer Peter Rohwein ernannte ihn nach Rang drei beim Neujahrsspringen in Garmisch-Partenkirchen zur größten deutschen Skisprung-Hoffnung bei dieser WM und war überzeugt, dem sensiblen Sportler damit keinen Druck aufzuhalsen. Doch wenige Wochen vor der WM schien dem „Schorschi“, wie er daheim genannt wird, das alles tatsächlich über den Kopf zu wachsen. Seine Sprünge waren schlecht, in Pragelato, nur eine Woche vor dem ersten WM-Springen, erreichte er bloß Rang 47. Eilig verordnete ihm Rohwein Sondertrainingseinheiten, deren Erfolg sich mit Rang fünf im Einzel und dem Silber im Team zeigten. „Es war ja nicht so schlecht, wie es vielleicht den Anschein hatte“, konnte Späth erleichtert feststellen.

Er wird dieser Tage auch gerne gefragt, wie es denn ist, in unmittelbarer Nähe seines Elternhauses um WM-Medaillen zu springen. „Schon schön, wenn man so viele Leute kennt und einem alle die Daumen drücken“, sagt er dann artig. Außerdem berichtet er davon, dass seine Eltern zu den freiwilligen Helfern an der Schanze gehören und natürlich stolz sind auf ihren Buben. Auch die Sponsoren schmücken sich gerne mit Späth, jüngst musste er mit einer nur minimal bekleideten Blondine posieren, die sich via Bodypainting hatte verschönern lassen. Georg Späth hat nur schüchtern gegrinst bei diesem Fototermin und wenig gesagt, der Sponsor hat sich trotzdem gefreut über die vielen Fotografen, die ihn abgelichtet haben.

Späth hat passenderweise auch noch Geburtstag während dieser WM: Am Donnerstag ist er 24 Jahre alt geworden, aber neben vielen Glück- bekam er auch etliche Besserungswünsche. Denn welch Schreck: Georg Späth erkrankt. Eine Erkältung, wie sie auch schon die Langläufer Axel Teichmann und Claudia Künzel zu überstehen hatten. „Georg fühlt sich immer noch schlapp“, berichtete Rohwein. Die Gefahr sei allerdings nicht groß gewesen, dass Späth mit Schal um den Hals und Wärmflasche auf der Brust die restlichen WM-Springen von der Großschanze im elterlichen Wohnzimmer hätte verfolgen müssen, wenn auch das Leistungsvermögen natürlich eingeschränkt sei.

Georg Späth ist ob dieser eingetrübten Aussicht sicherlich nicht in Rage geraten, das passt gar nicht zu ihm. „Das ist meine Art, so ruhig zu sein“, muss er sich fast entschuldigen, wenn er darauf angesprochen wird, welch unauffälliger Zeitgenosse er eigentlich ist. Das wäre ja nicht weiter schlimm, nur manchmal hat man den Eindruck, dieses Phlegma würde sich auf seine Sprünge von der Schanze übertragen. Schon mehrmals hat Rohwein die fehlende Aggressivität in Späths Sprüngen angemerkt. Entscheidende Meter, die fehlen, sodass es trotz dreier Podestplätze noch nicht zu einem Sieg gereicht hat. Wenn es ausgerechnet bei der WM daheim beim gestrigen Einzel (nach Redaktionsschluss) und beim heutigen Teamspringen weiter als die Konkurrenz gehen würde? Georg Späth wollte lieber nicht daran denken, sie würden ihn erdrücken vor Zuneigung, die rund 10.000 Oberstdorfer Einwohner.