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Archiv-Artikel

Frauen stolpern immer noch über Klischees

In Bochum läuteten 600 Vertreterinnen aus Wirtschaft und Verwaltung die Aktionswochen „Frauenbilder“ zum Frauentag am 8. März ein. Wie immer ging es um Rollenklischees und zu wenig Frauen in Führungspositionen

RUHR taz ■ Kabarettistin und Zauberin Astrid Gloria Girmer, früher bekannt als „Hertha Schwätzig“, hat ein buntes Bustier aus Topflappen angezogen und empfiehlt statt Silikon Schokolade für den Aufbau von weiblichen Rundungen. Die Trägerin des Deutschen Kleinkunstpreises 2003, Nessi Tausendschön, will im sexy Abendkleid „lasziv erscheinen“ und stöhnt auf dem Klavier liegend die ganze Erotik von „Je t‘aime“ kaputt.

Die beiden unterschiedlichen Kabarettistinnen, die die 600 Frauen aus Politik, Verwaltung und Wirtschaft auf der Bochumer Auftaktveranstaltung zum internationalen Frauentag belustigten, spiegeln den Ansatz des diesjährigen Motto „Frauenbilder“ wieder: Aus dem männlich geformten „Weibsbild“ von früher sind vielfältige, von Frauen selbst mitgeprägte Frauenbilder geworden. Die Aktionswochen zum Frauentag am 8. März, werden alle zwei Jahre von Land und Kommunen in Nordrhein-Westfalen durchgeführt. In zweihundert Kommunen finden rund um das Thema Frauenbilder Vorträge, Workshops statt, werden Bilder ausgestellt und Flme gezeigt.

Bochums Oberbürgermeisterin Ottilie Scholz rühmte die Übererfüllung der Quote an der Stadtspitze: „Eine Oberbürgermeisterin und drei weibliche Bürgermeister, das muss uns eine andere Stadt erst einmal vormachen“. Damit das Bild von Bochum irgendwann selbstverständlich wird und auch in der Wirtschaft mehr Frauen (derzeit 3,5 Prozent) an der Spitze stehen, will Frauenministerin Birgit Fischer (SPD) den Männerbündnissen Frauennetzwerke entgegensetzen. „Frauen sind oft Einzelkämpferinnen, um aber Karriere machen zu können, müssen sie die ungeschriebenen Gesetze der Arbeitswelt kennen.“

Um neue Kontakte zu knüpfen und mit anderen Frauenvertreterinnen Informationen auszutauschen, war die Veranstaltung sicher gut. Doch die Probleme, die diskutiert wurden, waren „wie jedes Jahr die selben“, wie Schauspielerin und Autorin Renan Demirkan“ frustriert feststellt.

Demirkan ärgerte sich als Teilnehmerin der Podiumsdiskussion „Frauenbild und Beruf“ über Kommissarinnen mit Stöckelschuhen im Fernsehen, die über Leichen hinweg mit ihrem Assistenten flirten. „Haben sie Horst Tappert oder den Alten schon einmal flirten sehen?“ WDR-Sportmoderatorin Sabine Hartelt berichtete von ihrem schwierigen Aufstieg in die Live-Moderation der Bundesliga-Spiele und ihrem permanent unsicheren Stand in der Männerdomäne. „Ich will nur meinen Job machen, aber der permanente Kampf ist ermüdend“, sagt sie. Petra Lück, Personalleiterin in einem mittelständischem Konzern, träumt von Bruch der „gläsernen Decke“, an die Frauen auf dem Weg nach oben immer wieder stoßen. „Die skandinavischen Länder machen vor, dass es anders geht“, sagt sie.

Ursula Wichmann, Direktorin der Paderborner Kreispolizei, ist genervt von den Fragen zu ihrer Position, die kein Ende nehmen. „Manchmal sage ich, ich arbeite bei der Post“. Entgegen dem Klischee müssten Polizistinnen kaum Kraft anwenden, sondern vermehrt Verkehrsunfälle aufnehmen und Vermisste suchen, so Wichmann. Rechtswissenschaftlerin Renate Schultz von der Fernuniversität Hagen stellte wieder einmal fest, dass sich in den Gerichten nichts ändert, obwohl der Anteil der Jurastudentinnen an den Unis bei 50 Prozent liegt. Das habe oft Auswirkungen auf die wenigen Frauen, die es dann ganz nach oben schaffen würden. „Richterinnen sind oft strenger als ihre männlichen Kollegen“

NATALIE WIESMANN