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Archiv-Artikel

berliner szenen Aus alt mach jung

Vorher und nachher

Doch, wir lernen immer wieder dazu. Zum Beispiel, weil wir Frauenfitness betreiben. Frauenfitness ist eine geniale Sache. Denn hier wird nicht nur der Körper, sondern allem anderen voran der Geist trainiert. Ich zum Beispiel hätte, nach meiner Haltung zu Kopftuch und Schleier gefragt, immer gesagt: Die Frauen sollen ihn haben. Bitte. Gerne. Wer sich seines Körpers derart schämt, dass er ihn verstecken muss, der soll das Tuch nehmen, sich daraus einen Strick drehen und sich aufhängen. Das würde ich so nicht mehr sagen.

Dank Frauenfitness habe ich inzwischen die Erkenntnis gewonnen, dass nicht nur blutjunge thailändische Nutten, die allen professionellen Grund haben, sich um ihren Körper zu kümmern, sondern auch 60-jährige türkische Hausfrauen ihren Körper achten und pflegen. Wo sonst hätte ich zu dieser Erkenntnis gelangen sollen, außer bei der Frauenfitness, bei der ich wie nirgendwo sonst Frauen aus den unterschiedlichsten Kulturen und Milieus begegne?

Kürzlich war ich gerade beim Umziehen, als eine uralte, dicke Muslimin in den Umkleideraum kam. Bitter schaute sie unter ihrem schwarzen Schador hervor. Und als sie den schwarzen Umhang lüftete, war das verwerfliche Frauenhaar noch in ein Extra-Kopftuch eingehüllt! Doch als ich mich ein weiteres Mal umblickte, war sie schon weg. Wenn die so fix ist beim Sport wie beim Umziehen, dachte ich noch, als ich in der zwar dicken, aber 30 Jahre jüngeren Frau mit den schönen, rötlichen Haaren hinter mir die Alte wiedererkannte. War das nicht das Vorher/Nachher-Spiel – mal in einer anderen Variante? Jedenfalls steigerte es die Laune. Bei mir. Und bei der Muslimin, die ich später vergnügt auf dem Laufband joggen sah. BRIGITTE WERNEBURG