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Archiv-Artikel

Brutalstmögliche Bau-Aufklärung

Der LEG-Aufsichtsrat hat bereits im Juli 2004 von möglichen Korruptionsfällen in dem landeseigenen Immobilienunternehmen gewusst. Für die Mieter soll die Affäre zunächst keine Auswirkungen haben

AUS DÜSSELDORFKLAUS JANSEN

Manfred Morgenstern fühlte sich sichtlich unwohl: Zum zweiten Mal binnen drei Monaten musste der Staatssekretär im Städtebauministerium und Aufsichtsratsvorsitzende der unter Korruptionsverdacht stehenden Landesentwicklungsgesellschaft (LEG) NRW zwei neue Geschäftsführer des landeseigenen Unternehmen präsentieren. Mit hochgezogenen Schultern und vorgeschobenem Kinn, eingerahmt zwischen den beiden neuen Machern Ferdinand Tigge und Ulrich Tappe, musste Morgenstern gestern eineinhalb Stunden zu den Vorwürfen gegen das vom Land kontrollierte Immobilienunternehmen Stellung beziehen.

„Wir haben versprochen, schonungslos aufzuklären und weitgehend Transparenz herzustellen. Das tun wir: Die Aufklärung schreitet Zug um Zug voran“, erklärte Morgenstern gestern in Düsseldorf. Drei Geschäftsführer und drei leitende Mitarbeiter hat Morgenstern bereits entlassen oder beurlaubt, seit die Düsseldorfer Staatsanwaltschaft im November erstmals die Geschäftsräume der LEG aufgrund eines Verdachts wegen Bestechlichkeit gegen den damaligen Geschäftsführer Rainer Witzel durchsucht hatte.

Was Aufklärer Morgenstern erst gestern offenbarte: Der LEG-Aufsichtsrat war bereits am 7. Juli 2004 über mögliche Korruptionsfälle bei der Tochterfirma LEG-V informiert, die für den Ver- und Ankauf von Immobilien zuständig ist. Der Aufsichtsrat schaltete deshalb bereits im Herbst die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG ein und kündigte zwei leitenden Mitarbeitern – die Staatsanwaltschaft aber wurde nicht informiert. Erst gestern morgen wurde der Endbericht der KPMG den Düsseldorfer Ermittlern übergeben. Noch im November beteuerte Morgenstern, dass es sich bei den Vorwürfen gegen Witzel um einen Einzelfall handele.

Neu ist auch, dass ein Mitarbeiter – der ehemalige Leiter des Rechnungswesen und der Konzernsteuerung – mittlerweile gestanden hat, Scheinrechnungen an eine Briefkastenfirma ausgestellt zu haben, an der er selbst Anteile hielt. Die Ermittlungen wegen Spenden von je 260.000 Mark, die im Jahr 2000 im Zuge eines Streits um Abwassergebühren an CDU- und SPD-Kommunalpolitiker aus Krefeld geflossen sein sollen (taz berichtete), dauern ebenfalls an. Wahrscheinlich ist mittlerweile, dass sich keine Politiker selbst bereichert, sondern die Spenden an den Eishockeyverein Krefeld Pinguine und einen Wohlfahrtsverband weitergeleitet haben.

Die CDU-Opposition fordert bereits seit Monaten den Rücktritt Morgensterns: Der Staatssekretär sei als Aufsichtsratsvorsitzender „überfordert“, erklärte vorgestern der stellvertretende Landesvorsitzende Oliver Wittke. Schlimmer noch: Sein Chef, Städtebauminister Michael Vesper (Grüne), wolle die Affäre „aussitzen wie ein Parteifreund auf Bundesebene“ – gemeint die Visa-Affäre von Außenminister Joschka Fischer.

Zugleich fordert die Opposition eine Aufnahme der LEG in das passenderweise gestern eingeführte neue Korruptionsregister: Dies würde das Unternehmen von allen Ausschreibungen öffentlicher Aufträge ausschließen. Außerdem, so Wittke, dürfe die LEG nicht mehr von der Wohnbauförderung des Landes profitieren. Für viele der Mieter der deutschlandweit rund 108.000 LEG-Wohnungen würde dies bedeuten, dass die lange geplanten Modernisierungen warten müssten, auch die Mieten für LEG-Sozialwohnungen könnten steigen. „Das wäre äußerst negativ“, reagiert Jürgen Becker, Geschäftsführer des nordrhein-westfälischen Mieterbunds, auf dieses worst-case-Szenario. Da die LEG in den vergangenen Jahren viele alte und sanierungsbedürftige Wohnungen aufgekauft hätte, gäbe es ohnehin einen „beachtlichen Modernisierungsstau“, sagte Becker der taz.

LEG-Aufsichtsratschef Morgenstern geht jedoch nicht davon aus, dass die Mieter direkt unter der Korruptionsaffäre leiden werden. Auch von Rücktritt will der Staatssekretär bisher nichts wissen: „Ich sehe keinen Anlass dazu“, sagte er. Künftig soll aber ein externer Korruptionsbeauftragter bei der LEG über die Mitarbeiter wachen. Der könnte einiges zu tun bekommen, befürchtet auch Morgenstern: „Ich kann nicht ausschließen, dass es noch weitere Fälle gibt.“