: Die Grenzen des Feuerbergs
Geschlossenes Heim: Die SPD-Abgeordnete Hilgers tendiert nach Akteneinsicht zu einem PUA. Die Zahl der „besonderen Vorkommnisse“ hat sich seit Herbst 2004 vervierfacht
Ein Parlamentarischer Untersuchungsausschuss (PUA) zur Feuerbergstraße wird immer wahrscheinlicher. „Ich tendiere dazu, dies meiner Fraktion am Montag vorzuschlagen“, erklärte gestern die SPD-Jugendpolitikerin Andrea Hilgers, nachdem sie sich in die Akten des geschlossenen Heims vertieft hatte. Erschreckt habe sie die „Quantität“ der dort notierten „besonderen Vorkommnisse“, die auf eine „ziemliche Eskalation“ schließen ließen.
Die Vorkommnisse wurden in der Feuerbergstraße in acht Rubriken unterteilt: Von der Entweichung eines Jugendlichen, dem Weglaufen bei Ausgängen, Nichtzurückkommen von Ausgängen, über medizinische Notfälle, Regelverstöße, die mitunter zur Verletzung von Mitarbeitern führten, Gruppenkonflikte, bis hin zu Störungen von außen und schießlich – achtens – Selbstverletzungen und Suizidversuche.
Gab es in den ersten drei Halbjahren seit Eröffnung des Heims im Januar 2003 je 12, 17 und 24 besondere Vorkommnisse, schnellte diese Zahl im zweiten Halbjahr 2004 auf 83 hoch. Im Januar und Februar 2005 gab es bereits wieder 17 dieser Aktenvermerke. Hilgers: „Es gab eine Vervierfachung der Vorkommnisse. Das hätte die Behördenleitung nicht so laufen lassen dürfen.“ Die Verantwortlichkeiten müssten „gründlich geklärt werden“. Das „Gewaltförmige in dem Heim“, so ihr Eindruck, lasse das Pädagogische verkümmern.
Im Jugendausschuss mussten sich gestern Abend Sozialsenatorin Birgit Schnieber-Jastram (CDU) und ihr Staatsrat Klaus Meister zur jüngsten Flucht aus der Feuerbergstraße äußern. Dabei erklärte die Senatorin, dass in dem Heim „sehr engagiert“ gearbeitet werde. Schnieber-Jastram: „Es ist kein Gefängnis. Wir schließen dort nicht weg.“ Ein Problem sei, dass in der öffentlichen Wahrnehmung das Wegsperren im Vordergrund stehe, erklärte Staatsrat Meister – wohl noch nicht wissend, dass die Opposition massivere Vorwürfe in der Hand hält.
Die taz hatte gestern einen Beschluss veröffentlicht, in dem das Familiengericht die Unterbringung eines 15-Jährigen in der Feuerbergstraße ablehnt. Der Junge war Ende Januar dort „in Obhut“ genommen worden, wo er laut Heimleitung vor „Wut, Angst und Verzweiflung“ tobte. Bemerkenswert ist, dass der Heimleiter vor Gericht erklärte, der Junge sei „nicht mehr zu erreichen“. Kaija Kutter