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Archiv-Artikel

Schottische Schnucken

In Melle macht man den neuen Trend in der Schafzucht: Dort beweist Deutschlands größte Herde von Scottish Blackface Schafen, dass sie sie sich nicht nur im Hochland wohl fühlt. Aber die Rasse gilt auch als besonders robust

Diese Schnucken sehen schick aus, mit ihrem weißen langen Fell, dem schwarzen Gesicht und den schneckenförmigen Hörnern. Gemeinhin sieht man sie im schottischen Hochland, die Scottish Blackface Schafe. In Deutschland sind sie Exoten. Aber es werden immer mehr.

Maßgeblich verantwortlich für diesen neuen Trend in der Schafzucht ist Anne Krüger aus Melle bei Osnabrück. Und dafür, dass sie eigentlich gar nicht Schäferin werden wollte, hat sie es mit den kuscheligen Schnucken weit gebracht. Mit 600 Scottish Blackface Schafen hat die 37 Jahre alte Tierwirtin die größte Herde der als besonders robust geltenden Rasse in Deutschland. Kaum mehr als zwei Dutzend Züchter haben sich hier zu Lande auf diese Tiere spezialisiert.

Ganz zu Unrecht, meint die Schäfermeisterin, sind sie doch für naturnahen Landbau bestens geeignet. Elf Monate im Jahr stehen die Tiere rund um den Meller Hof. Futterzusätze und Medikamente seien nicht nötig, „die Tiere wachsen langsam, aber natürlich auf und entwickeln selbst genügend Abwehrkräfte.“

Die erste Begegnung auf dem Hof gilt indes zahlreichen Border Collies. Die gleichfalls aus Schottland stammenden Hütehunde waren zunächst Mittel zum Zweck der Schafhaltung – „heute tragen Zucht und Ausbildung eigener wie fremder Border Collies zur Hälfte zum Einkommen bei“.

Auf den Hund und die Schafe gekommen ist die Tierliebhaberin über Umwege. Tierärztin wollte sie nach dem Abitur eigentlich werden. Nur hatte sie als im Ruhrgebiet geborenes Großstadtkind wenig Ahnung von der Landwirtschaft. Ein Praktikum und „zwei Jahre Kühe melken“ öffneten ihr die Augen, brachten sie weg vom Traum Landtierärztin und hin zum Schaf. Aus den ersten sechs Tieren wurde über die Jahre die heutige Herde, die in der Lämmerzeit im Frühjahr dank der für die Blackface typischen hohen Geburtenrate bis auf 1800 Schnucken anwächst.

Die in Großbritannien verbreiteten Scottish Blackface Schafe seien in Deutschland noch die Ausnahme, aber im Kommen, weiß Klaus Gerdes, Schafhaltungsexperte von der Landwirtschaftskammer Weser-Ems in Oldenburg. Publikumsträchtige Show-Auftritte mit Schaf und Border Collie hätten dafür gesorgt, dass die Schafzucht mit neuen Rassen beliebt ist. „Für die überalterte Schafzüchterszene ist der Trend zu Neuem gut, auch wenn wir jungen Berufsanfängern eher uralte, heimische und vom Aussterben bedrohte Rassen wie das Bentheimer Landschaf oder die Weiße Gehörnte Heidschnucke zur Zucht empfehlen“, sagt der Agrarwissenschaftler.

Ähnlich wie ihre Schafe ist auch Anne Krüger selbst eine Exotin: Ausgebildete Tierwirtschaftsmeisterinnen kann man in der männlich dominierten Szene an einer Hand abzählen. Dieser Umstand brachte der 37-Jährigen so bereits Fernsehauftritte in Talk-Shows, bei „Was bin ich?“ und bei Jürgen von der Lippes „Geld oder Liebe“ ein. dpa