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Archiv-Artikel

Kuriose Koalitionsbeschlüsse

Manches, was die Koalitionäre abschaffen wollen, gibt es längst nicht mehr, anderes geht aus rechtlichen Gründen nicht. In den Behörden herrscht Frust und Sarkasmus

Von kawe

Bremen taz ■ „Von Sachkenntnis ungetrübt“ seien viele der Beschlüsse des Koalitionsausschusses, schmunzelt ein leitender Beamter. Die Zustände bei den Beratungen, wo nach einem Eingeständnis des CDU-Vorsitzenden Bernd Neumann den meisten Beteiligten oft die Sachkenntnis fehlt, seien „so menschlich, dass es schon peinlich ist“.

Die „Schulpädagogische Arbeitsstelle“ beispielsweise wird per Koalitionsbeschluss zusammengelegt – aber diese „Arbeitsstelle“ gibt es seit zehn Jahren nicht mehr. „Da haben sklerotische alte Männer in ihrem Langzeitgedächtnis gekramt“, witzelt man in der Behörde. Das ist gemünzt auf Reinhard Hoffmann, Chef der Senatskanzlei und vor Jahren Staatsrat für Bildung, der sich vielleicht mal über diese Einrichtung geärgert hat.

Im Umweltbereich sollen die Ausgaben für Landschaftsprogramme sinken – aber seit 1993 hat Bremen kein solches Programm mehr aufgelegt. Die Bildungsbehörde soll um 15 Prozent reduziert werden, bleiben etwa 210 MitarbeiterInnen, ein Drittel vom Rest soll in die Schule, ein weiteres Drittel in die geplante Bildungs-GmbH. Bildungssenator Willi Lemke hat von der Idee am vergangenen Donnerstag gehört – den Sinn kann er bis heute niemandem erklären. „Ich bin damit nicht einverstanden“, sagt er. Am 13. März wird er in der Koalitions-Klausur Einspruch erheben.

Auch die öffentlichen Toiletten sollen privatisiert werden, so heißt es in den Koalitionsbeschlüssen. In der Tat verschlingen sie hohe Zuschüsse – aber der Vertrag mit Betreiber Decaux läuft bis 2012.

Das Amt für Straßen und Verkehr (ASV) soll ein Eigenbetrieb werden, der Eigenbetrieb BEB soll wieder in die Behörde integriert werden – die Logik solcher Beschlüsse wird nirgends erklärt. Die Umweltbehörde soll um 20 Prozent dezimiert werden – „die erschießen wir“, witzelt einer böse. Bisher sammeln die Bedrohten EU-Normen, deren Einhaltung kontrolliert werden muss: Luftreinhaltung, Wasser etc. Dass der Koalitionsausschuss das EU-Recht für Bremen außer Kraft setzen könnte, steht allerdings noch in keinem Beschluss. kawe