: Zarte Gifthärchen
SCHÄDLINGSBEKÄMPFUNG Der Eichenprozessionsspinner war lange gefährdet – jetzt macht er sich unbeliebt
Eigentlich ist die haarige Raupe in Mittel- und Südeuropa zu Hause. Aber seit die Sommer immer heißer und die Winter immer milder werden, fühlt sie sich auch weiter nördlich wohl: Der Eichenprozessionsspinner ist einer der Gewinner des Klimawandels. Die Nordwestdeutsche Forstliche Versuchsanstalt (NW-FVA) fordert jetzt die systematische Bekämpfung des Schädlings.
In Brandenburg und Sachsen-Anhalt gibt es den Blattfresser schon länger, in den letzten Jahren erobert er auch den Nordwesten und Teile von Niedersachsen, vor allem im Bereich Lüchow-Dannenberg. Mitunter kann das zum Gesundheitsrisiko werden, denn zwischen den charakteristischen langen Härchen, die die Raupen bedecken, sitzen kurze Gifthärchen.
„Das sind kleine Injektionskanülen mit Widerhaken, die sich in die Haut hineinarbeiten“, sagt Frank Krüger von der NW-FVA. Bei den meisten Menschen löst das Gift der Raupen allergische Reaktionen aus. Normalerweise bleibt es bei tagelangem heftigen Juckreiz, aber bei Allergikern kann auch zu heftigeren Symptomen bis hin zum lebensbedrohenden anaphylaktischen Schock kommen. Eingeatmete Härchen können Atemschwierigkeiten auslösen. Der Spuk beginnt Ende Mai und endet, wenn im August die Schmetterlinge schlüpfen.
Die Nester der haarigen Raupen haften meist auf Eichenstämmen. Vereinzelt werden sie von der Stadtreinigung abgesaugt oder eingesammelt. In den stärker befallenen Gebieten in Sachsen-Anhalt und Brandenburg setzt die NW-FVA auch Hubschrauber ein, die ein biologisches Pflanzenschutzmittel versprühen. Dabei stand die Raupe noch vor wenigen Jahren auf der Roten Liste der gefährdeten Arten. Paradox sei das nicht, sagt Krüger: „Naturschutz unterscheidet nicht zwischen nützlich und schädlich“. MARLENE WEISS