: Erschwerter Zugang
Mutter nahm Jessica aus der Krippe, um sich selbst um sie zu kümmern. Kita-Politik grenzt sozial Schwache aus
Nach Auskunft des Bezirksamts Mitte wohnte Jessica als Baby mit ihren Eltern in Billstedt, wo sie vor ihrem Umzug nach Jenfeld in den Jahren 1998 und 1999 auch in einer Kita-Krippe untergebracht war. Die Mutter war Sozialhilfeempfängerin und hatte in dieser Zeit einen Job bei dem Beschäftigungsträger Hamburger Arbeit (HAB). Als dieser zu Ende war, soll sie beim Kita-Amt erklärt haben, sie wolle sich wieder selbst um ihre Tochter kümmern. Möglicherweise, so eine Sachbearbeiterin, war für die Sozialhilfeempfängerin auch die Kita-Gebühr von damals 60 Mark noch zu hoch.
Durch die Kita-Politik des Rechts-Senats wurde der Zugang zu Kindertagesstätten seither noch weiter erschwert. So genannte „Nullscheine“ für Sozialhilfeempfänger wurden im Frühjahr 2000 abgeschafft oder nur noch unter der Hand vergeben. Anschließend entbrannte die Diskussion, welche Kinder überhaupt eine Berechtigung für einen Krippenplatz erhalten sollen. Bis Herbst 2002 galt noch eine Dienstvorschrift, die sozial schwache Familien generell bei der Platzvergabe bevorzugte. Seither aber erhalten diese nur bei nachweislich „dringendem sozialen Bedarf“ einen Krippenplatz für ihre Kinder.
Mit Einführung des Kita-Gutscheinsystems im August 2003 wurden Krippen- und Ganztagsplätze vor allem in sozialen Brennpunkten abgebaut. So schreibt die „Vereinigung Hamburger Kindertagesstätten“ in ihrem Jahresbericht 2003, sie habe fast ein Viertel ihrer Krippenplätze in diesen Gebieten verloren. Die Kita Wümmeweg in Neuwiedenthal beispielsweise musste zwei ihrer vier Krippengruppen schließen. Erst nach intensiver Intervention beim Jugendamt, so beschreibt Kita-Leiterin Gertrud Glembocki, sei es gelungen, für die Kinder doch noch einen Krippen- oder Ganztagsplatz zu bekommen.
So bei einer Familie, in der die Eltern Analphabeten sind. Glembocki: „Wir wissen, dass diese Eltern sich in der Zeit, in der die Kinder zu Hause sind, kaum um die Kindern kümmern, sondern durch strenges nachmittägliches Ins-Bett-Schicken und Wegsperren der Belastung durch Spiel- und Tobebedürfnis der Kinder zu entgehen versuchen.“ Dies, so die Leiterin, täten die Eltern nicht aus bösem Willen, sondern weil sie mit den Kindern schlicht „überfordert“ seien.
In der Billstedter Krippe sei Jessica „nicht auffällig gewesen“, sagt Bezirkssprecherin Sorina Weiland. Wäre sie dort geblieben, wäre ihr Zustand nicht unbemerkt geblieben. Kaija Kutter