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Archiv-Artikel

EU-Richtlinien werden überprüft

Die europäische Dienstleistungsrichtlinie soll nach Angaben von Binnenkommissar McCreevy in Teilen verändert werden, einen Neuentwurf lehnt er jedoch ab

BRÜSSEL taz ■ Der für Binnenmarkt zuständige EU-Kommissar Charlie McCreevy hat gestern jede politische Verantwortung für die von seinem Vorgänger Frits Bolkestein angestoßene Dienstleistungsrichtlinie abgelehnt. In ihrer jetzigen Form sei sie politisch nicht durchsetzbar. Er habe aber nicht vor, den Entwurf zurückzuziehen. Schließlich sei die Grundidee gut, Wachstumsreserven in dem Bereich freizusetzen, der bislang am wenigsten vom gemeinsamen Markt profitiere. Bis zu 600.000 neue Arbeitsplätze könnten einer aktuellen Studie zufolge dadurch geschaffen werden, dass nationale bürokratische Hürden im Dienstleistungsbereich abgebaut werden.

Heftige Kritik übte McCreevy an seinen Kommissarkollegen. Einige verträten in ihren Heimatländern in der Öffentlichkeit eine andere Position als in Brüssel im Kreis der Kollegen. Ohne Namen zu nennen, machte der irische Kommissar deutlich, dass er vor allem Günter Verheugens öffentlich geäußerte Skepsis gegenüber dem Entwurf als illoyal betrachtet. „Präsident Barroso wird als Neoliberaler verkauft. Dabei hat die Prodi-Kommission sich das ausgedacht. Zu dem Zeitpunkt war Barroso por-tugiesischer Premier und ich Finanzminister in Irland.“

McCreevy räumte ein, dass einige Passagen in dem Entwurf nachgebessert werden müssten. Er wolle zum Beispiel sicherstellen, dass soziale Standards und die Qualität öffentlicher Dienstleistungen nicht beeinträchtigt werden. Konkreten Fragen, wie das geschehen soll, wich er allerdings aus. Er wollte auch nichts darüber sagen, ob die Kommission das umstrittene Herkunftsland-Prinzip beibehalten will. Danach würden Dienstleistungen nach dem Recht des Landes beurteilt, in dem die entsendende Firma ihren Sitz hat.

McCreevy war der Unwillen, sich derzeit überhaupt zum Thema zu äußern, deutlich anzumerken. Er wolle der normalen Prozedur folgen und erst Änderungen vorschlagen, wenn das Parlament im Juni seine Stellungnahme abgegeben hat. McCreevy war von Barroso zu dem öffentlichen Auftritt gedrängt worden, da die Financial Times gestern berichtet hatte, in der Kommission werde heftig über die Richtlinie gestritten. DPS

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